Zweirad & Mehrspur

Kann man mit dem Motorradgriff nicht noch mehr steuern?

4Kann man mit dem Motorradgriff nicht noch mehr steuern?
Der erste Prototyp einer KI-basierten Gestensteuerung mit haptischem Feedback für Motorradgriffe, das von einem Team der TH Köln in Kooperation mit der Brehmergroup entwickelt wird. Photo: Olaf-Wull Nickel/TH Köln via Autoren-Union Mobilität

Moderne Motorräder setzen immer stärker auf Infotainment – von der Navigation über Telefonie hin zur Musik. Dazu kommen Helme mit integriertem Kommunikationssystem. Deren Bedienung während der Fahrt birgt auf Zweirädern per se ein höheres Risiko als im Auto, denn hier ist es noch entscheidender, dass in kritischen Situationen beide Hände am Lenker sind. Die TH Köln und die Brehmergroup arbeiten daher an einer alternativen Steuerung von Systemen direkt über den Motorradgriff.

Klassische Infotainmentsysteme an Motorrädern werden über Tasten am Lenker und am Helm oder inzwischen auch immer häufiger über Bildschirme mit Touchfunktion bedient. Dabei wird der Blick des Fahrers noch weit stärker von der Fahrbahn abgewendet als in einem Auto, erläutert Prof. Dr. Matthias Böhmer vom Cologne Institute for Digital Ecosystems (CIDE) der TH Köln. Ein weiteres Beispiel ist die Helmkommunikation: Zur Steuerung der Lautstärke muss eine Hand vom Lenker genommen. Kommt es zu einer Gefahrensituation, sind im entscheidenden Moment möglicherweise nicht beide Hände am Lenker, wodurch die Unfallgefahr steigt.



In einem Forschungs- und Entwicklungsprojekt zur Mensch-Technik-Interaktion arbeitet ein Team des CIDE gemeinsam mit der Brehmergroup daher an einer Lösung, um diese Sicherheitsrisiken zu minimieren. Ausgangspunkt ist ein Patent für Heizgriffe, das Thomas Brehmer, Gründer der Brehmergroup, bereits 2006 erhalten hat und bei einem Hersteller bereits serienmäßig verwendet werden. In diesem Jahr erweiterten Brehmer und der technische Leiter Moritz Schmidt diese Entwicklung und patentierten den ersten intelligenten Heizgriff mit Grifferkennung. Im neuen Vorhaben wollen die Forschenden diese Technologie zusätzlich mit einer auf Künstlicher Intelligenz basierenden Griff- und Gestenerkennung sowie haptischer Rückmeldung ausstatten.



„Die Sensoren sollen feststellen, wie viele Finger sich am Griff befinden, und Gesten wie Wischen oder Tippen erkennen. Dadurch könnte beispielsweise ein Anruf durch Quetschen des Griffs angenommen werden. Der Blinker ließe sich durch ein Wischen mit dem Daumen von innen nach außen über den Griff aktivieren“, erläutert Böhmer. Das haptische Feedback könnte unter anderem die Navigationsfunktion unterstützen, indem zum Beispiel der linke Griff schnell vibriert, wenn links abgebogen werden soll. „Das System soll die Bedienung verschiedenster Funktionen intuitiver gestalten und die Fahrsicherheit dabei gleichzeitig deutlich steigern.“



Der Projektpartner habe bereits nachweisen können, dass die Folie von Heizgriffen grundsätzlich für die Erweiterung um ein Eingabefeld genutzt werden könnte. Das vereinfache die technische Umsetzung und gestalte sie verhältnismäßig kostengünstig, betont die TH Köln. Perspektivisch soll die neue Technologie auch auf andere Zweiräder wie E-Bikes oder Scooter übertragbar sein.



Das Forschungs- und Entwicklungsprojekt „Entwicklung neuartiger Griffe mit kapazitivem Eingabefeld und Aktivhaptik für eine effizientere und sicherere Hands-on-Detection and Interaction bei elektrifizierten Zweirädern“ (HoDi) wird an der TH Köln von Prof. Dr. Matthias Böhmer vom Cologne Institute for Digital Ecosystems (CIDE) geleitet. Die Idee wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie über das Zentrale Innovationsprogramm Mittelstand (ZIM) noch bis November 2026 mit rund 220.000 Euro gefördert. (aum)

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