Test: Zontes 350D - Rollerneuling mit Vollausstattung

Ein Mittelklasseroller für 5.000 Euro mit jede Menge Ausstattung? Ob mehr als ein Lockangebot aus China dahintersteckt, klärt unser Test.

9Test: Zontes 350D - Rollerneuling mit Vollausstattung
Zontes drängt mit dem sportlich angehauchten Erstling 350D in die Scooterwelt Foto: RKM

Zontes ist immer noch ein recht neuer Player im europäischen Zweiradbusiness, obwohl die Chinesen schon eine Weile in der unteren Motorrad-Mittelklasse unterwegs sind. Jetzt drängen sie mit ihrem sportlich angehauchten Erstling 350D in die Scooterwelt, der mit einer bemerkenswerten Ausstattung zum günstigen Preis von 5.000 Euro aufwartet. Kennzeichen des Umfangs sind zahlreiche Tasten, Wippen und Knöpfe an den Lenkerarmaturen, die im Dunkeln sogar hinterleuchtet sind.

Auch die Basis in Form des flüssigkeitsgekühlten Einzylinders ist kein Kümmerling: Aus 349 Kubik Hubraum holt der Vierventiler fast 37 PS heraus, auch das maximale Drehmoment von knapp 33 Nm kann sich sehen lassen. Natürlich wird die Kraftquelle schlüssellos über den roten Knopf am rechten Lenker aktiviert mit der Besonderheit, dass sich der 350D selbsttätig verriegelt, sobald der Transponder weiter als 1,5 Meter entfernt und der Lenker eingeschlagen ist.
Über einen separaten Knopf stehen ein Eco- und ein Sport-Modus zur Wahl, in der Fahrpraxis sind jedoch kaum Unterschiede auszumachen. An der Ampel tritt der Zontes auch in Eco schon machtvoll an und zeigt dem restlichen Verkehr, was ein rechter Sprinter ist. Voll durchbeschleunigt sind schnell dreistellige Geschwindigkeitsregionen mit echten 130 km/h erreicht, das genügt sogar für längere Aufenthalte auf der linken Autobahnspur. Doch erst auf den gewundenen Asphaltbändern des Um- und Hinterlandes macht der Chinese mit seinem straffen und stabilen Fahrwerk so richtig Spaß.

Über den relativ hohen und breiten Lenker lassen sich Richtungsvorgaben genau und mühelos einleiten, die der mit 188 Kilo vergleichsweise leichte Mittelklässler präzise umsetzt. Zum Einlenken genügt ein kleiner Impuls, schon rollt das 15-zöllige Vorderrad auf der gewünschten Linie. Einmal in Schräglage, beeindruckt die Solidität der Fuhre, schnelle Wechselkurven durcheilt der Zontes behände und stabil.

Mit der sehr lässigen, aufrechten Fahrerpositionierung geht viel Gefühl für die ausgezeichnete Fahrdynamik einher. Da stören die feste Platzvorgabe und der breite Mitteltunnel nur wenig, der den Füßen nicht viel Platz lässt. Der Wind- und Wetterschutz fällt manierlich aus, was auch an der elektrisch höhenverstellbaren Scheibe liegt: Auf Knopfdruck fährt der Schild in die hohe Position und schafft eine spürbare Entlastung für den Fahrer - die abgebildete Sportscheibe empfiehlt sich für den Sommer, wenn Frischluft gefragt ist, die höhere Tourenscheibe ist für den Übergang und Winter geeignet - beides gehört zum Lieferumfang!

Von der straffen Abstimmung profitieren auch die Stopper, die gerade vorne sehr knackig und gut dosierbar dem mächtigen Vortrieb souverän Einhalt gebieten. Löblicherweise sind beide Handbremshebel für das gewünschte Bremsgefühl weiteneinstellbar ausgeführt, über einen Arretierungshebel an der linken Armatur lässt sich zudem die Hinterbremse feststellen, damit der Automat am Berg nicht wegrollt. Kehrseite der sportiven Medaille ist ein ziemlich hart gefedertes Heck, das auf üblen Untergründen wenig sensibel anspricht und die Stöße an die Besatzung weitgehend unverarbeitet weiterleitet.

Doch der Zontes versteht sich nicht als reiner Tourenroller, das verdeutlicht neben den knusprigen Federelementen das geteilte Mitnahmeangebot: Ins Staufach unter der im geöffneten Zustand immer wieder zufallenden Sitzbank passt zwar ein Integralhelm, viel mehr aber auch nicht. Alternativ schlucken die beiden auf Tastendruck öffnenden tiefen Handschuhfächer im Bug jeweils eine kleine Getränkeflasche, im linken Fach finden sich zwei USB-Buchsen zum Laden elektrischer Verbraucher.

Jede Menge Aufmerksamkeit zieht das farbenfrohe TFT-Cockpit wegen seiner enormen Funktionalität und mannigfachen Einstellbarkeit auf sich - beispielsweise bietet es gleich vier verschiedene Anzeigelayouts. Heutzutage ein Muss in der Mittelklasse ist die Bluetoothfähigkeit, dank derer sich das Instrument mit dem Smartphone verknüpfen lässt, um Telefonate oder SMS anzuzeigen. Das klappt auf Anhieb, nur die Verbindung zur Zontes-App, die weitere Funktionalitäten verspricht, hat leider nicht funktioniert. Dafür zeigt das Display als echte Innovation für den Rollerbereich nicht nur den Reifendruck vorn und hinten, sondern auch die Temperatur der Pneus an - damit kalte Reifen den Spaß an der Freud nicht allzu früh zunichte machen. Ebenfalls im Display ersichtlich: Reichweite und Durchschnittsverbrauch, der mit 3,5 Liter einen fairen Preis für das fröhliche Treiben darstellt.

Was auch für das wichtigste Kriterium gilt: Dass Zontes den 350D für knapp 5.000 Euro aus der Hand gibt, darf angesichts der gelungenen Vorstellung und der gewaltigen Ausstattung als echtes Lockangebot gelten



Technische Daten Zontes 350D

Motor:  flüssigkeitsgekühlter Einzylinder, 349 ccm Hubraum, 27 kW/37 PS bei 7.500 U/min, 33 Nm bei 6.000 U/min; vier Ventile/Zylinder, ohc, Einspritzung, CVT-Automatik, Fliehkraft-Trockenkupplung, Riemen-Sekundärantrieb

Fahrwerk: Stahlrohrrahmen; 4,1 cm USD-Telegabel vorne (nicht einstellbar), 10,5 cm Federweg; Zweiarm-Triebsatzschwinge hinten, zwei Federbeine (nicht einstellbar), 8,7 cm Federweg; Leichtmetallgussräder; Reifen 120/70-15 (vorne) und 140/70-14 (hinten). 26,5 cm Einscheibenbremse vorne, 26,5 cm Einscheibenbremse hinten

Maße und Gewichte: Radstand 1, 405 m, Sitzhöhe 79 cm, Gewicht fahrfertig 188 kg, Zuladung 180 kg; Tankinhalt 12,0 l

Fahrleistungen und Verbrauch (Test): Höchstgeschwindigkeit 130 km/h, Verbrauch 3,5 l/100 km

Preis: 4.990 Euro

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