Fahrbericht: Peugeot PM-01 - Französisches Krallentier

Peugeot setzt beim neuen Roller auf das Design der Autos der Marke. Beides hat zwar nur bedingt etwas miteinander zu tun, funktioniert aber.

8Fahrbericht: Peugeot PM-01 - Französisches Krallentier
Das neue Leichtkraftrad PM-01 von Peugeot Motorcycles soll mit seinem radikalen Markendesign den Türöffner für folgende größere Modelle spielen Foto: Peugeot Motocycles

SPX/Barcelona. Zum Jubiläum erinnert sich der französische Zweiradhersteller Peugeot seiner Wurzeln, denn 125 Jahre nach dem ersten motorisierten Zweirad-Prototypen soll das neue Leichtkraftrad PM-01 mit seinem radikalen Markendesign den Türöffner für folgende größere Modelle spielen. Allerdings stellt sich die Situation mit dem Jubiläum nicht ganz so eindeutig dar, wie angenommen: Bei Peugeot Motocycles handelt es sich nämlich mitnichten um die Zweiradsparte des französischen Automobilkonzerns, das war einmal. Im Jahre 2015 stieg der indische Mobilitätsgigant Mahindra ein, vier Jahre später übernahm er das Unternehmen komplett. Seit Februar dieses Jahres hat die deutsche Beteiligungsgesellschaft Mutares das Sagen am Hauptsitz im französischen Mandeure - die Münchener haben 50 Prozent der Anteile von Mahindra übernommen mit einer Stimmenmehrheit von 80 Prozent.

Insofern ist die PM-01 das erste Projekt, das unter der neuen Leitung auf den Markt gebracht wird und das ungeachtet der Besitzverhältnisse mit der typischen Designsprache des Pkw-Konzerns auf sich aufmerksam macht. Der rund 4.200 Euro teure Roadster zeigt klare Kante mit einer ungewöhnlich gestalteten Lampenmaske, in der das Tagfahrlicht nach Art des (automobilen) Hauses drei Längslinien aufweist als Symbol für die Krallen des Peugeot-Löwen. Ähnliches findet sich gleich in doppelter Ausführung am Heck, was die vermeintliche Marken-DNA noch stärker hervorhebt. Laufleistenblinker vorn und hinten als seitlich in die Verkleidung integrierte Richtungsanzeiger unterstreichen den modernen Charakter.
Während an der Front eine 41er-Upside-Down-Gabel Eindruck schindet, wirkt die dünne Stahlschwinge zur Führung des Hinterrades etwas lieblos ausgesucht und scheinbar unterdimensioniert. Dazwischen bietet die in China gefertigte Französin ein sehr geräumiges Plätzchen, mit dem sich nahezu alle Staturen anfreunden können. In typischer Landstraßenroadster-Manier sitzt der Pilot mit angenehmen Kniewinkeln aufrecht in 81 Zentimetern Höhe und hat die leicht nach oben und hinten gekröpfte, recht breite Lenkstange bestens im Griff. Das vermittelt eine ausgezeichnete Kontrolle über das gerade mal 150 Kilo leichte Zweirad, das ebenso genüsslich wie leichtfüßig von links nach rechts durch die Kurven wieselt. Vorn wie hinten aufgezogene Metzeler Sportec M5 Interact im Siebzehnzollformat sorgen für guten Halt im Schrägen und eine angenehme Neutralität.

Die gute Vorstellung kommt allerdings nicht von ungefähr, denn Ende des Jahres wird eine zweite Version des PM-01 mit einem deutlich kräftigeren 300-Kubik-Single erwartet, der ins gleiche Chassis eingepasst ist. Dahinter steckt der nachvollziehbare Gedanke: Was mit 29 PS funktioniert, wird vom Antrieb des Leichtkraftrads sicherlich nicht überfordert. Mit einer Ausnahme: Trotz der brachial wirkenden Vierkolben-Festsattelzange mit Wave-Bremsscheibe im Pizzaformat harmoniert die Bremsenvorstellung nicht mit dem optischen Versprechen, denn die Stopper gehen eindeutig zu zahnlos ans Verzögerungswerk.

Nichtsdestotrotz profitiert der flüssigkeitsgekühlte Einzylinder vom geringen Gewicht der 125er-PM-01, denn mit knapp 14 PS reißt er zwar keine Bäume aus, klingt aber fast so, als ob er es könnte. Das annähernd quadratisch ausgelegte Motörchen geht geschmeidig ans Gas und gefällt mit einer leicht bedienbaren Sechsgangbox, die für flottes Vorankommen intensiv genutzt werden möchte: Ziemlich gleichförmig legt der Antrieb an Schubkraft zu, erst ab 5.000 Touren kommt so etwas wie Leben in die Bude. Wer die digitale Drehzahlmessernadel stets über 7.000 U/min hält - dazu ermuntert das Instrument durch fettere Zahlen - lässt die versammelten 14 Pferdchen fröhlich galoppieren, bis der Tacho schon mal 113 km/h anzeigt - offiziell sind beim Franzosen aber nicht mehr als echte 99 km/h drin.
Zum ausgeglichenen Motorcharakter gehört ein verantwortungsvoller Umgang mit fossilen Brennstoffen, denn im Mittel sollen 2,4 Liter Sprit auf hundert Kilometer durch die Einspritzdüse strömen. Angesichts des üppigen Tanks käme der Peugeot mit einer Füllung von 12,5 Litern mehr als 500 Kilometer weit, das wäre höchst beachtlich.

Als kleines Highlight entpuppt sich das Cockpitarrangement aus farbigem TFT-Display und geschickt in der Lenkerklemmung untergebrachtem USB-Anschluss. Wahlweise blau oder rot hinterlegt, erscheint nach dem Einschalten erst das Löwen-Logo. Anschließend ist die übersichtliche Anzeige von einer Tastenkombination am linken Lenkerende auch während der Fahrt intuitiv bedienbar, die Bluetooth-Verbindung zum Smartphone ist heutzutage obligatorisch.

Auch wenn die Sache mit dem 125-jährigen Jubiläum angesichts der heutigen Situation konstruiert erscheint - die knapp 4.200 Euro für das Comeback-Motorrad der Marke mit dem Löwen erscheinen angemessen.



Technische Daten und Ausstattung Peugeot PM-01

Motor:  Flüssigkeitsgekühlter Einzylindermotor, 125 ccm Hubraum, 10,2 kW/14 PS bei 9.500 U/min, max. Drehmoment 11 Nm bei 7.500 U/min; vier Ventile/Zylinder, ohc, Einspritzung, Sechsganggetriebe, Kette

Fahrwerk: Stahl-Brückenrahmen; 4,1 cm Upside-Down-Telegabel vorne (nicht einstellbar), 12,5 cm Federweg; Stahl-Zweiarmschwinge hinten, ein Federbein (Vorspannung einstellbar), Federweg 16,6 cm; Leichtmetallgussräder; Reifen 110/70-17 (vorne) und 150/60-17 (hinten). 28 cm Einscheibenbremse vorne, 24 cm Einscheibenbremse hinten

Assistenzsysteme: ABS

Maße und Gewichte: Radstand 1,370 m, Sitzhöhe 81 cm, Gewicht fahrfertig 152 kg, Zuladung k.A.; Tankinhalt 12,5 l

Fahrleistungen und Verbrauch (Herstellerangaben): Höchstgeschwindigkeit 99 km/h, 2,4 l/100 km

Preis: 4.199 Euro

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