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Im Rückspiegel: Der Bulli bekommt einen großen Bruder

11Im Rückspiegel: Der Bulli bekommt einen großen Bruder
VW LT (ab 1975). Photo: Volkswagen via Autoren-Union Mobilität

Schlichtweg Lasten-Transporter – kurz LT – nannte Volkswagen den großen Bruder des damals noch in zweiter Generation gebauten Bulli: Im April 1975 feierte die zweite Transporter-Baureihe von VW in Berlin ihre Premiere. Und der Erfolg blieb nicht aus. Der LT schaffte zeitweise bis zu 40 Prozent Marktanteil im Segment.

Im Vorfeld der Entwicklung wurde festgelegt, dass das Verhältnis von der Verkehrs- zur Nutzfläche nochmals besser sein sollte als beim Transporter mit Heckmotor. Dazu konzipierten die Ingenieure von Volkswagen ein Fahrzeug mit der Platz sparenden Frontlenker-Bauweise des Transporters und einem Frontmotor, der zwischen Fahrer und Beifahrersitz oberhalb der Vorderachse platziert wurde. Der Antrieb erfolgte weiterhin über die Hinterachse. Ohne den Motor im Heck stand somit der gesamte Laderaum für die Nutzung zur Verfügung.



Im Vergleich zum T2 war Der LT war nur um 34 Zentimeter länger und 30 Zentimeter breiter als der T2. Er bot aber aufgrund des neuen Raumkonzeptes mit 7,85 Kubikmeter Laderaum über 50 Prozent mehr Ladevolumen. Die Typenbezeichnung von LT 28 bis LT 55 gab das zulässige Gesamtgewicht an, während sich die Nutzlasten zwischen 1,23 und 3,5 Tonnen bewegten. Von Beginn an gab es den großen Transporter in zwei Radständen und zwei Dachvarianten. Lieferbar war er als Kastenwagen, Kombi, Bus, Pritsche, Doppelkabine und als Fahrgestell mit Fahrerhaus.



Stolz war man bei Volkswagen auch auf die, bis dahin bei Nutzfahrzeugen eher vernachlässigte, Ergonomie. Mit Hilfe von Arbeitswissenschaftlern wurde das Fahrerhaus entwickelt. Dank dieser Kooperation wurden zum Beispiel die Bedienelemente nah am Fahrer angeordnet und eine große Frontscheibe sowie extra große Außenspiegel installiert.



Für ein Plus an Fahrkomfort sorgte unter anderem eine Einzelradaufhängung an der Vorderachse, wie sie auch noch viele weitere Jahre nach der Einführung des LT noch nicht Standard in dem Segment war. Zu Beginn gab es den Volkswagen wahlweise mit einem 2,0-Liter-Vierzylinder-Benzinmotor aus dem Audi 100, der an den Betrieb in einem Nutzfahrzeug angepasst und auf 75 PS (55 kW) gedrosselt wurde oder einem 2,7-Liter-Vierzylinder Dieselmotor vom englischen Hersteller Perkins mit 65 PS (48 kW). Volkswagen ersetzte ihn 1979 durch den ersten eigenen Sechszylinder-Diesel. Der 2,4-Liter-Motor leistete im LT zwar nur acht PS mehr als sein Vorgänger, entwickelte aber deutlich mehr Drehmoment und lief äußerst sanft – so ruhig, dass sogar Volvo den Motor für seinen ersten Pkw mit sechs Zylindern nutzte.



1983 erhielt der LT einen Turbodiesel mit 102 PS (75 kW), der ihn zum stärksten Transporter Europas machte, und einen Sechszylinder-Benziner mit 90 PS (66 kW). Gleichzeitig schaffte die optimierte Einbaulage Platz für einen dritten Sitz im Fahrerhaus. Zeitgleich bekam der Transporter ein neu gestaltetes Armaturenbrett und einen dritten Radstand für Pritschen bis 4,60 Meter Länge.



Zwei Jahre später wurde der LT 55 mit 5,6 Tonnen Gesamtgewicht eingeführt und der LT 35 auf Wunsch auch mit Einzelbereifung an der Hinterachse geliefert. Der zuschaltbare Allradantrieb erweiterte ebenfalls die Modellauswahl. Die kreisrunden Scheinwerfer wurden durch rechteckige ersetzt.



1993 folgte das nächste Facelift: Es gab einen neuen Kühlergrill und Kunststoffelemente im Bereich der Rücklichter sowie einen überarbeiteten Turbodiesel mit Ladeluftkühler und 95 PS (70 kW). Längst hatte sich zu dieser Zeit der LT auch als beliebte Basis für Reisemobile etabliert. So wunderte es 1988 auch niemanden, dass Volkswagen neben dem kompakten California auf Basis der dritten Bulli-Generation auch ein Reisemobil auf Basis des LT präsentierte: den Florida für vier Reisende und mit Nasszelle.



Nach 21 Jahren und über 470.000 produzierten LT war 1996 die Zeit reif für den Nachfolger.

Wie schon beim Wechsel vom T3 zum T4 erfolgte auch mit dem LT2 der Sprung in ein moderneres Zeitalter. Die zweite LT-Generation war das erste neue Fahrzeug, das von der 1995 neu gegründeten Marke Volkswagen Nutzfahrzeuge (VWN) mit Sitz in Hannover vorgestellt wurde. Die Entwicklung dieser und der nachfolgenden Crafter-Baureihe erfolgte in Kooperation mit Mercedes-Benz. Die Dieselmotoren wurden nun längs unter einer kurzen Motorhaube eingebaut. Der Einstieg erfolgte deutlich niedriger und es gab die Möglichkeit zwischen den Vordersitzen bequem nach hinten in den Lade- bzw. Fahrgastraum zu gelangen.



Es gab weiterhin Kastenwagen, Kombi, Bus, Pritsche, Doppelkabine und Fahrgestell mit drei Radständen und einem zulässigen Gesamtgewicht zwischen 2,6 und 4,6 Tonnen. Die beliebten TDI-Motoren waren auch im LT2 erste Wahl. 2002 machte VWN den LT2 mit einem neuen 2,8-Liter-Vierzylinder-Diesel zum „Express“-Fahrzeug. Der Motor lieferte 158 PS (116 kW) und bot ein maximales Drehmoment von 331 Newtonmetern. Das waren Rekordwerte im Segment. Die Fertigung im Werk Hannover-Stöcken endete 2006 nach fast 340.000 Fahrzeugen und VW schlug mit dem Crafter das nächste Kapitel auf. (aum)

auch in NUTZFAHRZEUGE

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