Technologie & Verkehr

Statt Diesel: Mahle testet die Brennstoffzelle und Wasserstoff

6Statt Diesel: Mahle testet die Brennstoffzelle und Wasserstoff
Brennstoffzelle auf dem Prüfstand bei Mahle in Stuttgart. Foto: Autoren-Union Mobilität/Mahle

Die Zeitenwende bei den Antriebstechnologien lässt sich in einem eher unscheinbaren Gebäude in Stuttgart besichtigen. Bis vor gut zwei Jahren liefen dort konventionelle Verbrennungsmotoren im Test, doch jetzt fokussiert man sich vor allem auf Zukunftstechnologien. Neben Benzin- und Dieselmotoren werden auf den Prüfständen des Technologiekonzerns Mahle vor allem mit Wasserstoff betriebene Antriebskonzepte getestet.

Auf 1400 Quadratmetern hat das Unternehmen den Prüfstand aufgebaut und zwei Millionen Euro in die neue Anlage investiert, die während der ersten Pandemiephase entstand. Mehr als 100 Mitarbeiter arbeiten inzwischen hier und testen Komponenten für den Brennstoffzellen- und Wasserstoffantrieb.

Zu den Kernkompetenzen des Konzerns gehören die Bereiche Luftmanagement, Motorkomponenten, Thermomanagement sowie Leistungselektronik und Mechatronik, die sich in Zukunft auch in der neuen Antriebswelt bewähren müssen. ,,Wir testen hier", so Peter von Kietzell, Leiter Antriebskomponentenprüffeld, ,,unsere Komponenten, die in Zukunft beim Brennstoffzellenantrieb eingesetzt werden." Die 120 kW starke Brennstoffzelle, die aktuell eingesetzt wird, stammt von dem kanadischen Spezialisten Ballard. Als Einsatzgebiet sieht Mahle diesen Antrieb unter anderem bei schweren Lkw, weil ,,ein rein batterieelektrischer Antrieb zu hohe Einbußen bei der Nutzlast mit sich bringt. Im Verteilerverkehr auf der kurzen Strecke können batterieelektrische Lkw jedoch sinnvoll sein", blickt von Kietzell in die Zukunft.

Neben dem Einsatz in schweren Trucks wird die Brennstoffzelle nach Einschätzung von Kietzell auch in anderen Bereichen wie zum Beispiel bei Bussen oder SUV eine wichtige Rolle spielen. Im Pkw-Bereich sieht der Ingenieur wegen geringerer Fahrleistungen und dafür ausreichender Batterietechnik noch keine Zukunft für diesen Antrieb. Allerdings befinden sich in den wenigen Brennstoffzellen-Serienmodellen bereits Komponenten von Mahle.

Globaler Vorreiter im Pkw-Bereich ist Japan. Die politischen Rahmenbedingungen verschaffen dort dem Wasserstoffantrieb die nötige Sicherheit für Investitionen. Außerdem wird die Infrastruktur für den Energieträger bereits ausgebaut. Nach einem Bericht der ,,Neuen Zürcher Zeitung" will Japan bis zum Jahr 2030 eine globale Lieferkette aufbauen und einen großen Markt für Wasserstoff schaffen. Die Pläne sehen 800.000 Brennstoffzellen-Pkw und 5,3 Millionen Brennstoffzellen für Eigenheime vor.

Für den Beobachter zeigt sich der Prüfstand bei Mahle als ein schwer durchschaubares Labyrinth von Schläuchen und Leitungen, dem der Besucher nicht zu nahekommen darf. Schließlich herrschen hier Hochvoltverhältnisse. ,,Wir können hier die verschiedenen Fahrzustände simulieren, um unsere Komponenten intensiv zu überprüfen", beschreibt von Kietzell die Anordnung. Dazu gehören neben den Filtern auch das Thermomanagement und weitere Bauteile. Mahle kann dabei auf eine langjährige Erfahrung zugreifen, denn seit zehn Jahren liefert das Unternehmen Bauteile für Brennstoffzellenfahrzeuge. Der Wasserstoff kommt aus einem Tank vor dem Gebäude, der für die Testläufe von ursprünglich 200 bar auf den geforderten Druck von rund acht bar reduziert wird, um in der Brennstoffzelle eingesetzt werden zu können.

Damit die Brennstoffzelle arbeiten kann, benötigt sie besonders saubere und feuchte Luft, um ihre Leistung über eine möglichst lange Laufzeit entfalten zu können. Deshalb werden auf dem Prüfstand unter anderem die Mahle-Filter und Befeuchter ausführlich in allen Belastungszuständen getestet. Auch die anderen Komponenten müssen sich in diesem Umfeld beweisen. ,,Der durch die Brennstoffzelle erzeugte Strom wird in das werksinterne Netz rückgespeist", beschreibt von Kietzell einen willkommenen Nebeneffekt der Anlage. Für die Kühlung des Brennstoffzellenstacks kommt deionisiertes Wasser zum Einsatz.

Für die Sicherheit der Mitarbeiter und der Anlage ist ein komplexes Konzept mit einer Vielzahl von Sensoren und Detektoren erarbeitet und installiert worden. So können bereits geringste Wasserstoffkonzentrationen oder für das Auge kaum erkennbare Wasserstoffflammen mittels eines speziellen Flammendetektor erkannt werden. Auch wenn im Fahrzeug oder im stationären Einsatz ein sicherer Betrieb nach Angaben der Fahrzeughersteller kein Problem darstellt, muss ein Prüfstand auch Versuche abbilden, bei denen die einzelnen Komponenten gezielt über ihre Grenzen beansprucht werden.

Neben dem Brennstoffzellenantrieb testet Mahle in dem Gebäude auch mit Wasserstoff betriebene Verbrennungsmotoren. ,,Der technologische Sprung zum Wasserstoff-Verbrennungsmotor ist kurz, und die entsprechenden Produktionsanlagen sind bei den Herstellern vorhanden. Zudem können Verbrennungsmotoren auch unreinen Wasserstoff klimaneutral umsetzen und reduzieren die die CO2-Emissionen um nahezu 100 Prozent", erklärt Peter von Klietzell.

Auf einem Träger liegen sechs Kolben aus einem Lkw-Motor, der gerade 200 Stunden auf dem Prüfstand gelaufen ist. Um den Antrieb vom selbstzündenden Diesel auf Wasserstoff umzubauen, gestalteten die Spezialisten bei Mahle unter anderem den Zylinderkopf neu und integrierten auch eigene Bauteile. Außerdem wurden die Stahlkolben gegen Exemplare aus Aluminium ausgetauscht. ,,Die Leistung lag knapp unter dem Diesel-Niveau, und bei den Eimissionen lag der Motor in allen Bereichen deutlich unter den eines Dieselmotors", zieht von Kietzell Bilanz. (Walther Wuttke/cen)

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