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VW ID.4 GTX: In bester Tradition

Mit dem ID.4 GTX startet Volkswagen - analog zu GTI, GTD und GTE - eine separate Performance-Modelllinie für seine E-Modelle. Mit einer Spitzen-Systemleistung von 220 kW/299 PS sprintet der ID.4 GTX in 6,2 Sekunden von 0 auf 100. Der in Zwickau gebaute Allradler mit nun zwei E-Motoren soll nicht nur sportlich fahren, sondern auch nachhaltig sein. Der Motor-Informations-Dienst (mid) Praxistest klärt, ob das stimmt.

7VW ID.4 GTX: In bester Tradition
mid Braunschweig - Der VW ID.4 GTX ist ein zeitgemäß sparsamer, dennoch souveräner und fahraktiver Sportler. Er trägt das legendäre Kürzel deshalb in bester Tradition. Christoph Reifenrath / mid


Mit dem ID.4 GTX startet Volkswagen - analog zu GTI, GTD und GTE - eine separate Performance-Modelllinie für seine E-Modelle. Mit einer Spitzen-Systemleistung von 220 kW/299 PS sprintet der ID.4 GTX in 6,2 Sekunden von 0 auf 100. Der in Zwickau gebaute Allradler mit nun zwei E-Motoren soll nicht nur sportlich fahren, sondern auch nachhaltig sein. Der Motor-Informations-Dienst (mid) Praxistest klärt, ob das stimmt.

Doch widmen wir uns zunächst der Frage, ob der VW ID.4 das legendäre GT(+)-Kürzel überhaupt zu Recht trägt. Was haben der erste GTI von 1976 und der brandneue Sport-Stromer gemeinsam und was trennt sie? Hier drei Fakten und Erkenntnisse:

Fakt 1: Beide, keine Überraschung, sind die ersten ihrer Art. Als der Golf GTI auf den Markt kam, war er eine echte Sensation, der eine ganze Generation mit sportlichen, für die Masse erschwinglichen, zu dieser Zeit relativ sparsamen Kompaktwagen prägte. Dazu hob er das VW-Image auf ein neues Level und löste eine regelrechte Tuning-Euphorie aus.

Dass die neuen GTX-Modelle einen ähnlichen Sturm der Begeisterung auslösen werden, ist - angesichts der heutzutage fast unüberschaubaren Modell- und Varianten-Flut aller Hersteller und der gerade bei E-Mobilen sehr rasch voranschreitenden Entwicklung - eher unwahrscheinlich. Der Kürzel-Flirt mit der 35-jährigen Erfolgsgeschichte und der Werbeslogan "Sportlich wie ein GTI, komfortabel wie ein SUV und nachhaltig wie ein ID." erscheinen dennoch legitim.

Warum, zeigt Fakt zwei: Golf GTI I und ID.4 GTX haben - sicher unbeabsichtigt - ziemlich exakt den gleichen Luftwiderstands-Index (Luftwiderstandsbeiwert x Stirnfläche). Aus winzigen 1,77 Quadratmetern Stirnfläche und einem Cw-Wert von 0,42 ergeben sich beim Urahn 0,743. Beim ID.4 GTX stehen durch den stark verbesserten Luftwiderstandsbeiwert (0,29) und trotz der auf 2,57 Quadratmeter (plus 0,8 Quadratmeter) gewachsenen Stirnfläche 0,745 zu Buche. Das widerlegt zunächst das pauschale Vorurteil, dass kleine Autos stets geschmeidig und damit automatisch sparsam durch den Wind schlüpfen und SUV per se saufende rollende "Schrankwände" sein müssen. Dennoch sind es keine optimalen Voraussetzungen für eine Effizienz, die eine nachhaltige und dennoch sportliche ID-Ära einläuten soll.

Wer tiefer blickt, kommt allerdings nicht umhin, beachtlichen zukunftsweisenden Fortschritt zu konstatieren. Noch einmal zum Vergleich: Der Golf GTI I wog, aus heutiger Sicht bar jeder Sicherheitsausstattung, nur rund 850 Kilogramm. Er leistete, zunächst noch völlig Kat-los, 110 PS, beschleunigte in 9,9 Sekunden auf 100 und brauchte rund zehn Liter Super auf 100 Kilometer. Der ID.4 GTX benötigte bei unserer Ausfahrt trotz 2.224 Kilogramm (das 2,6-fache des ersten GTI) Leergewicht 15 kWh, bei sportlicherer Fahrweise 20 kWh. Das entspräche einem Verbrauch von rund 1,7 bis 2,3 Liter Superbenzin, im Schnitt also nur noch 20 Prozent dessen, was sich der Urahn einst reinzog. Dabei übertrifft der ID.4 GTX sogar die Beschleunigung des aktuellen GTI um 0,1, die des Ur-Opas um 3,7 Sekunden.

Damit zu Fakt 3: Der erste GTI und der erste GTX erreichen eine fast identische Höchstgeschwindigkeit von 182 beziehungsweise 180 km/h. Letzterer schlicht, weil er bei Tacho 185 sehr sanft den elektronischen Riegel vorlegt. Eine vernünftige Entscheidung, denn Tempo 180 war und ist auch noch heute genug, um sehr zügig zu reisen und mehr die Reichweite des ID.4 GTX rapide schmälern würde. Die übrigens übertrifft - Stichwort Reichweitenangst - die des Erst-GTI (Tankinhalt 40 l) mit maximal 480 um gut 80 Kilometer. Und noch etwas sei erwähnt, weil die Erinnerung eben manches verklärt. Im Erst-GTI tobten bereits bei 130 km/h 82 dB(A), im GTX bleibt es selbst bei Top-Speed deutlich ruhiger.

Doch genug der Vergleiche, wie fährt der ID4 GTX? Kurz gesagt, ziemlich souverän, sicher, in zügig gefahrenen Kurven ungeahnt handlich, fast spielerisch, so als säße man in einem viel kompakteren Auto. Um das zu erreichen, haben seine Väter dem GTX ein aufwändiges Antriebs- und umfassend vernetztes Regelsystem spendiert. Beim GTX sorgen bei Bedarf gleich zwei Elektromotoren für Vortrieb. 150 kW/204 PS kommen wie gehabt vom hinteren, zusätzlich 80 kW/109 PS vom 60 Kilogramm leichten vorderen. Bei normaler Fahrt erledigt die hinten verbaute, permanent erregte Synchronmaschine den Vortrieb allein, weil sie den höheren Wirkungsgrad hat. Nur wenn der Fahrer mehr Leistung fordert, sportlicher oder auf glattem Untergrund unterwegs ist, macht die vordere Asynchronmaschine mit, ansonsten läuft sie fast widerstandsfrei im Leerlauf. Das Ergebnis ist ein vollflexibler, blitzschnell zuschaltender Allradantrieb ohne die Nachteile konventioneller Systeme.

Nur im "Traction"-Modus fährt der GTX bis 20 km/h permanent mit Allradantrieb, alle Regelvorgänge sind dabei auf maximalen Grip ausgelegt, die Dämpfer weicher gestellt. 17 Zentimeter Bodenfreiheit tun ihr übriges. Die Koordination der Motoren, aber auch der elektronischen Quersperre (XDS+) und der adaptiven DCC-Stoßdämpfer (beides optional) übernimmt der Fahrdynamik-Manager. Die Technik soll schon an der Art, wie der Fahrer in die Kurve einlenkt, erkennen was er vorhat. Das funktionierte im von uns gefahrenen Testwagen mit Vollausstattung bei angenehmem Fahrkomfort und minimaler Wank-Neigung so hervorragend und vorhersehbar, dass sich quasi jeder Fahrer für einen Top-Piloten halten könnte.

Wenn der Fahrer mehr auf Sparsamkeit als auf Sportlichkeit aus ist, aktiviert er den "Eco Assistent". Der regelt dann, sobald sich das Auto einer Tempolimit-Zone nähert, selbsttätig ob gesegelt oder rekuperiert wird. Dafür nutzt er unter anderem Topografie- und Navigationsdaten - er kennt sogar Tempolimits der nächsten Baustelle.

Unser Fazit: Der VW ID.4 GTX ist ein zeitgemäß sparsamer, dennoch souveräner und fahraktiver Sportler. Er trägt das legendäre Kürzel deshalb in bester Tradition. Das verbindliche Fahrwerk und das niedrige Geräuschniveau sorgen heute aber für viel Komfort, die zahlreichen, teilweise optionalen Assistenzsysteme für beeindruckende Fahrsicherheit. Dazu bietet der ID.4 GTX, anders als sein Urahn, viel Platz - auch im 543 bis 1.575 Liter fassenden Kofferabteil. Mit seiner elektrisch klappbaren Kupplung darf das momentane E-Topmodell zudem Anhänger bis 1.400 Kilogramm ziehen.

Ebenfalls erfreulich für potenzielle GTX-Kunden: VW hat bei der Materialqualität im Innenraum spürbar nachgelegt und die Preisliste stark vereinfacht. Der Grundpreis des ID.4 GTX liegt bei 50.415 Euro, von dem 7.500 Euro Förderung abgezogen werden können. Einziger Wermutstropfen ist seine vergleichsweise geringe DC-Ladeleistung von maximal 125 kW beziehungsweise 11 kW AC.

Christoph Reifenrath / mid

Technische Daten VW ID.4 GTX:

- Länge / Breite / Höhe: 4.582 / 1.852 / 1.637 Millimeter

- Radstand: 2.769 Millimeter

- Leergewicht: 2.224 kg

- Zulässiges Gesamtgewicht: 2.750 kg

- Zuladung Hersteller: 526 kg

- Kofferraumvolumen: 543 Liter bis 1.575 Liter

- Karosserie und Abmessungen: Fahrzeugtyp/Türen/Sitzplätze SUV 4/5

- Anhängelast ungebremst/gebremst bei 12 Prozent 750/1.400 kg

- Dachlast 75 kg

Antrieb:

2 Elektromotoren vorn und hinten quer eingebaut, 80 kW/109 PS Asynchronmaschine an der Vorderachse, permanent erregte Synchronmaschine 150 kW/204 PS an der Hinterachse, jeweils mit 1-Stufen-Getriebe, vollvariabler Allradantrieb.

- Max. Systemleistung: 220 kW/299 PS

- Max. Drehmoment: 162 Nm Frontmotor/310 Nm Heckmotor

- Batterie-Bauart: Lithium/Ionen, ca. 400 V Nennspannung, 12 Module a Zellen,
486 Kilogramm

- Energiegehalt brutto/netto 82,0/77,0 kWh

- Max. Ladeleistung AC/DC 11 kW/125 kW

- Min. Ladezeit von 5 bis 80 Prozent SOC (bei DC-Laden) 38 Minuten

- Aufladezeit AC 7,5 h

- Bremsrekuperation über 100 kW/0,3 g

- Fahrleistungen: 0-100 km/h 6,2 s

- Höchstgeschwindigkeit: 180 km/h

- Strom-Verbrauch (WLTP): 16,3 kWh/100 km

- Reichweite (WLTP): bis zu 480 km - Effizienzklasse A+

- Testwagenpreis: 60.775 Euro

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