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Fußballstadien der Zukunft

Fußballstadien der Zukunft
@ Hmamar (CC0-Lizenz)/ pixabay.com

Damals wie heute und wohl auch übermorgen werden Menschen Bällen hinterherlaufen, Wetten abschließen oder Roulette spielen. Doch der Austragungsort dafür ist schon heute ein technisches Glanzstück mit enormen Anforderungen, aktuell bestens sichtbar in London.

Eine Milliarde Pfund, 1,11 Milliarden Euro. Mit diesem Geld könnte man die Haushaltslöcher kleinerer Länder stopfen. Man könnte zum Ein-Tausendstel-Anteilseigner von Amazon werden. Oder man könnte ein zeitgenössisches Fußballstadion errichten. Denn das ist der Preis, der dafür aufgerufen wird – bewiesen beim Tottenham Hotspur Stadium. Die Heimat des gleichnamigen Londoner Erstligisten wurde erst im April 2019 eingeweiht und kostete rund eine Milliarde Pfund. Dafür ist der Neubau aber auch der schlagende Beweis dafür, was Fans heute und in Zukunft erwarten können – etwa in Katar. Der folgende Artikel geht auf diese Besonderheiten des modernen Stadions ein, aber auch die Problemstellungen.

1. Die Evolution ist notwendig

Die Kritik an Technisierung und Monetarisierung im Sport ist nicht neu. Und sie erstreckt sich auch auf die Stadien. Nicht wenige fragen, warum die Arenen überhaupt eine hyper-technische Milliardenkonstruktion sein müssen, wenn es doch im Endeffekt nur darum geht, einige zehntausend Menschen einem Sportereignis beiwohnen zu lassen.

Die vielleicht simpelste Antwort stammt vom Architekten des Tottenham-Stadiums, dem Amerikaner Christopher Lee. Er gab sie 2017 dem „Guardian“, als das Stadion noch mit 750 Millionen taxiert wurde:

“It has to provide a reason for people to get off their sofas and leave their 50-inch flatscreen TVs”

Anders formuliert: Stadien müssen mehr sein als bloße Zuschau-Orte. Sie müssen Erlebniswelten werden. Das reine Zuschauen in höchster Auflösung bekommt man dank heutiger Fernsehtechnik, ohne sich dafür aus seiner Wohnung bewegen zu müssen. Es braucht also Anreize, um alljährlich hunderttausende Menschen dazu zu bewegen, in die Stadien zu kommen und dort ihr Geld auszugeben.

Das geht nur durch Superlative. Und es ist sogar ein Muss. Ohne Stadien-Evolution würden immer weniger Menschen vor Ort schauen und vor besagten 50-Zoll-Fernsehern bleiben – und wie sich ein fast leeres Stadion auch auf die Laune an den Fernsehern auswirken kann, ließ sich unlängst bei der Leichtathletik-WM in Katar sehen, wo teils nur wenige Hundert Personen dem Spektakel beiwohnten; auch deshalb nannte Spiegel Online es „...eine bizarre Veranstaltung...“.

2. Problemfall WLAN

Stadien müssen also möglichst viele Raffinessen aufweisen. Doch das echte Zukunfts-Problem findet sich in etwas, das heute abseits des Rasens eigentlich Normalität geworden ist: Mobile Datenübertragung. Schon die größten Stadien Deutschlands sind bei Vollbelegung nicht weit von der Bevölkerungszahl einer (kleinen) Großstadt entfernt – etwa Dortmunds Signal Iduna Park, der rund 81.000 Zuschauer fasst.

All diese Menschen erwarten heute WLAN bzw. schnelles Handynetz. Sie wollen Fotos und Videos vom Spiel auf den sozialen Netzwerken hochladen. Diejenigen, die auf das Spiel wetten, benötigen einen Echtzeit-Zugang zum schnelllebigen und komplizierten Schlüsselsystem der Quoten, damit sie gewinnbringend tippen können. Und nicht zuletzt basieren auf der Kombination von WLAN und Apps auch noch zahlreiche Erlebnis-Optimierungen – etwa das Bestellen von Snacks oder eine Art privater Video-Assistent, mit dem auch die Stadionbesucher strittige Szenen nochmals schauen können.

Die Schwierigkeit darin ist der Datenstau, der auftritt, wenn derart große Menschenmengen gleichzeitig auf nur wenige Zugangspunkte zugreifen – was im Karneval ebenso regelmäßig geschieht wie Silvester schlag Mitternacht noch in jeder Kleinstadt.

Gleichsam jedoch sind Stadien eben im Regelfall nur alle zwei Wochen bei Heimspielen ausgelastet, sodass sich erst dann notwendige Anbindungen an Netzwerk-Knotenpunkte, Dutzende Funkmasten usw. rentieren. Kein Wunder also, dass hier trotz viel Überzeugungsarbeit noch Luft nach oben ist – derzeit haben beispielsweise keine zehn deutschen Erstligisten vollumfängliches WLAN im Stadion und die LTE-Versorgung ist im höchsten Maß Anbieter-abhängig.

In Bremen beispielsweise argumentierte die Politik, dass zwei Millionen Euro, die für die Breitbandleitung und die Zugangspunkte notwendig wären, in keinem Verhältnis dazu stünden, dass nur alle zwei Wochen 40.000 Zuschauer es nutzen würden – auch das ist etwas, gegen das Stadionbauer argumentieren müssen.

3. Autonome Lieferungen für hungrige Besucher

Drohnen sind, je nachdem, wen man fragt, für Fußballstadien entweder eine enorme Bedrohung, gegen die es Waffen braucht – das wäre die Antwort von Sicherheitsexperten – oder eine gewaltige Chance – das sagen Vordenker.

Gute Argumente haben beide Seiten. Doch speziell, wenn man sich die autonomen Fluggeräte als Service-Kraft denkt, erklärt sich rasch, welche Möglichkeiten darin stecken: Es ist beispielsweise erst wenige Jahre her, dass das Football-Team der San Francisco 49ers viel Geld dafür ausgab, tausende Ortungs-Baken im Stadion zu installieren. Der Sinn: Sie sollen den Standort jedes Zuschauers erfassen und ihn basierend darauf per Handy u.a. rechtzeitig zu seinem Platz zurückrufen, um nichts zu versäumen.

Sinnig ist das allemal: die „Katakomben“ der Sportarenen sind schon seit römischen Kolosseums-Zeiten weitläufig und in den Schlangen für Bratwurst und Co. wurden schon so manche wichtigen Momente der Sportgeschichte verpasst.

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