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Saudi Arabien: Futuristische Megacity geplant

Saudi-Arabien beginnt in Kürze mit dem Bau der Stadt 'The Line', die ohne Autostraßen auskommt und keine Kohlendioxidemissionen verursachen soll.

Saudi Arabien: Futuristische Megacity geplant
@ apriltan18 (CC0-Lizenz)/ pixabay.com

In vielen Großstädten der Welt verursacht der seit Jahren zunehmende Individualverkehr immer mehr Stau. Autos gibt es immer mehr auf diesem Planeten, weil es ein Transportmittel ist, das uns Selbstständigkeit gibt und uns erlaubt, dorthin zu gelangen, wo andere Transportmittel nicht hinkommen. Man kann leicht von zu Hause zur Arbeit fahren, zum Supermarkt gehen oder einfach in ein Casino, um ein wenig Roulette als Zeitvertreib zu spielen. Bekämpfen könnte man dies laut einer Studie aus Deutschland mit höheren Parkgebühren und einer Citymaut, die den Innenstadtverkehr gemeinsam um etwa ein Viertel reduzieren würden.

Ein nun vorgestelltes Projekt aus Saudi-Arabien zeigt, dass die Verkehrswende auch auf eine deutlich andere Art angegangen werden kann. Wie der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman in einer Pressemitteilung  ankündigt, plant der absolut monarchisch regierte Golfstaat die lange und schmale Stadt „The Line“.

Wohnraum für eine Million Menschen

Das Ziel des Projekts ist es „das Konzept einer konventionellen Stadt in das einer futuristischen Stadt“ umzuwandeln. „The Line“ ist deshalb ohne herkömmliche Autostraßen geplant und soll keinerlei Kohlendioxidemissionen verursachen. Vorgesehen ist eine 170 Kilometer lange Stadt, in der etwa eine Million Menschen leben können.

Wichtige Einrichtungen des Alltags wie Geschäfte, Schulen und Arztpraxen sollen in „The Line“ dank des fußgängerfreundlichen Konzepts innerhalb von fünf Minuten erreicht werden können. Für längere Wege ist ein komplexer öffentlicher Personennahverkehr (ÖPNV) vorgesehen, mit dem alle Punkte der Stadt in maximal 20 Minuten erreicht werden können.

Der lange und schmale Grundriss der Stadt bietet dabei einen enormen Vorteil, weil Bewohner mit Ultra-Hochgeschwindigkeitsverkehrsmitteln befördert werden können. Diese sollen ausschließlich im Untergrund fahren, damit die oberirdische Infrastruktur den Fußgängern zur Verfügung steht.

Hyperloop als Transportmittel

In der Pressemitteilung wird zwar nicht konkret genannt, welches Hochgeschwindigkeitsverkehrsmittel die Bewohner transportieren soll, realistisch ist aber der Einsatz eines Hyperloop des US-Unternehmens Virgin Hyperloop One. Dieses hat bereits 2019 angekündigt in Saudi-Arabien eine Teststrecke für das Verkehrssystem zu bauen. Errichtet werden soll diese aber in der ebenfalls neugeplanten Stadt „King Abdullah Economic City“.

Entwicklungsprojekt Vision 2030

Die Städte „The Line“ und „King Abdullah Economic City“ gehören zum Entwicklungsprojekts Vision 2030, das Saudi-Arabien unabhängig vom Ölexport machen soll. Dazu wird unter Leitung des saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman, der faktisch das Land führt, die Wirtschaft umfassend umgebaut.

Investiert werden soll in das Projekt Neom, zu dem auch die Stadt „The Line“ gehört, 500 Milliarden US-Dollar. Laut offiziellen Angaben beginnt der Bau der Stadt bereits im ersten Quartal 2021. Politisch ist das Projekt umstritten, weil unter anderem laut eines Artikels der britischen Tageszeitung The Guardian im Baugebiet der Stadt im Nordwesten des Landes an der Grenze zu Ägypten und Jordanien zahlreiche Bewohner vertrieben und verhaftet wurden.

„Moderne Städte sind schadstoffbelastet, verstopft, laut und nicht mit der Natur verbunden, was die Qualität unserer Leben beeinträchtigt“, schrieben die Entwickler bei Twitter. Im Jahr 2030 soll „The Line“ eine Million Einwohner zählen und fünf Millionen Touristen locken.

Die Megastadt Neom, die mit 26.500 Quadratkilometern Fläche größer werden soll als Mecklenburg-Vorpommern, ist Teil der sogenannten Vision 2030. Mit diesem Reformprogramm will Saudi-Arabien seine Wirtschaft umbauen und sich unabhängiger vom Öl machen. Sie soll im äußersten Nordwesten des Landes an den Grenzen zu Ägypten und Israel entstehen und schätzungsweise 500 Milliarden Dollar kosten. Im Jahr 2025 soll die erste Bauphase abgeschlossen sein. Finanziert werden soll das Projekt mit dem saudischen Staatsfonds PIF. Allein durch „The Line“ sollen 380.000 neue Jobs entstehen.

„Im Laufe der Geschichte wurden Städte gebaut, um ihre Bürger zu schützen – nach der industriellen Revolution gaben Städte Maschinen, Autos und Fabriken den Vorrang gegenüber Menschen“, erklärte der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman bei der Präsentation des Projekts. The Line, so die Vorstellung der Entwickler, gibt dem Menschen wieder die Oberhand in ihrer Stadt.

Grüne Bäume und bestehende Natur

Im Projektvideo sieht alles modern und einladend aus: Grüne Bäume sind zu sehen, Gebäudesiedlungen ohne Verkehr. Zudem ist geplant, 95 Prozent der Natur entlang von The Line unangetastet zu lassen.

Ein Kronprinz mit Visionen

Der Kronprinz gab sich zum Projektauftakt als Mann mit Visionen: „Warum sollten jedes Jahr sieben Millionen Menschen an den Folgen der Umweltverschmutzung sterben?“, fragte er. „Warum sollten wir jedes Jahr eine Million Menschen durch Verkehrsunfälle verlieren? Und warum sollten wir es akzeptieren, Jahre unseres Lebens damit zu verschwenden, zu pendeln?“

Huwaitat-Stamm sieht sich vertrieben

Protest am Megaprojekt Neom gab es bereits im vergangenen Jahr: Ein Teil des Gebietes ist die Heimat des Huwaitat-Stammes, der seit Generationen in Teilen Saudi-Arabiens, Jordaniens und der Sinai-Halbinsel lebt. „Für den Huwaitat-Stamm wird Neom auf unserem Blut und unseren Knochen aufgebaut“, mahnte die Aktivistin Alia Hayel Aboutiyah al-Huwaiti im britischen „Guardian“. Mindestens 20.000 Mitglieder ihres Stammes würden durch das Projekt vertrieben. „Es ist definitiv nichts für die Menschen, die bereits dort leben! Es ist für Touristen, Leute mit Geld.“

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