TGX

MAN: Neue Lastwagen und Busse für den Weg in die Zukunft

MAN-Chef Andreas Tostmann wirkt nicht wirklich glücklich in der Video-Konferenz der VW-Tochtergesellschaft. Dabei hätte er allen Grund zur Freude. Er verkündet umfangreiche Erneuerungen in allen Geschäftsbereichen des Unternehmens, verspricht mehr Sicherheit für die Trucker und andere Verkehrsteilnehmer, mehr Komfort und vor allem geringeren Verbrauch. Die Marke soll ,,digitalisiert" und wirtschaftlicher werden. Auf der Strecke bleiben dabei allerdings rund 9500 Arbeitsplätze. Vor wenigen Tagen musste er diese unschöne Nachricht verkünden, kein Grund also für Euphorie.

Vorangegangen waren den Neuvorstellungen das Versprechen, den Treibstoffkonsum der Brummis zu reduzieren. Acht Prozent weniger Kraftstoffkonsum wurden in Aussicht gestellt, das prognostizierte Sparpotenzial hat eine vom TÜV Süd durchgeführte Testfahrt mehr als bestätigt. Nach insgesamt 684 Kilometern einer zweimal hintereinander gefahrenen 342 Kilometer langen Messstrecke aus Autobahn- und Landstraßenabschnitten, benötigte der neue MAN TGX 18.470 im Mittel 8,2 Prozent weniger Diesel als das Vergleichsfahrzeug, ein MAN TGX 18.460 der Vorgängergeneration. Das Profil des normalen Autobahnparcours entsprach dabei zu 90 Prozent den im europäischen Fernverkehr gefahrenen Strecken und um den Vergleich plausibel zu machen, tauschten die Testfahrzeuge zwischen den beiden Touren den Auflieger und den Fahrer. Zahlreiche Überarbeitungen am 12,4 Liter großen Turbo-Sechszylinder mit 470 PS (345 kW) führten zu diesem Erfolg.

Abbiegeassistent und Distanzkontrolle

Im Güterverkehr drohen vor allem zwei Gefahren. Häufig kommt es zu schweren Auffahrunfällen, wenn die Lkw-Fahrer den vor ihnen liegenden Stau zu spät erkennen, die Folgen sind fatal. MAN hat deshalb eine Distanzkontrolle entwickelt, die, ähnlich wie beim Personenwagen, eingreift, wenn nicht rechtzeitig gebremst wird. Auch der ,,Lane Return Assist" kann Leben retten, wenn der Lastwagen aus der Spur läuft und der Fahrer nicht zeitnah eingreift. Diese Funktion kann die folgenschweren Kollisionen in Baustellen oder auf Landstraßen verhindern. Besonders in der Stadt hingegen schützt der Abbiegeassistent andere Verkehrsteilnehmer. Fahrradfahrer, die im toten Winkel radeln, werden von Sensoren erkannt und der Brummi-Kapitän bekommt optische und akustische Warnsignale. Reagiert er darauf nicht, kann der Assistent den Abbiegevorgang sogar automatisch abbrechen. Diese Ausstattung wird nach der EU-Regelung erst im Jahr 2024 Pflicht für den Güterverkehr.

Das schwächste Glied in der Sicherheitskette ist in nahezu allen Fällen der Fahrer. Daher soll der Lkw zunehmend automatisch fahren, in Feldversuchen sind dabei erste Erfolge erzielt worden. Heute schon können Lastwagen auf abgesperrten Betriebsgeländen eigenständig ihre Position ansteuern, gemeinsam mit dem Hamburger Hafen entwickelt MAN hierfür das AMITA-Programm, (Automated Driving Partners) das gerade im Containerverkehr Zeit und damit Geld sparen kann, außerdem den Gefahrenlevel auf den Containerhöfen verringert. Bis die Trucks am Ende auch auf öffentlichen Straßen eigenständig ihren Weg finden, dürfte allerdings noch eine Weile vergehen. Heute zumindest teilt der autonom rangierende Lkw seine geplanten Anliegen über Displays auf beiden Seiten der Fahrerkabine dem Frachtpersonal mit. Welchen Weg er einschlagen wird und ob er vorwärts oder rückwärts rangiert. Steht er in Ladeposition unter der Containerbrücke, zeigt ein Containersymbol auf der Anzeige den Ladevorgang an.

Mehr Komfort an Bord

Für den Fahrer wird künftig umfassender gesorgt. Schließlich verbringen die Kapitäne der Landstraße erhebliche Zeitspannen in ihren Kabinen, während der Fahrt und der Ruhezeiten im Stand. Zulieferer bieten so genannte thermoelektrischen Matratzen an, die bei Hitze kühlen und bei Kälte heizen können. Dies erlaubt es die Klimaanlage des Fahrzeugs im Stand auszuschalten und so die CO2-Bilanz zu verbessern. Die Kabine selber wird wohnlicher, lässt sich mit allerlei Extras gemütlich einrichten. An Bord befindet sich auf Wunsch eine Miniatur-Küche mit Kaffeemaschine und Mikrowelle, eine Kühlbox gehört längst zum Standard bei der Ausstattung. Aber auch die Optik lässt sich aufpeppen. Edelstahl-Ausstattungen für Räder und Stoßfänger, blitzende Signalhörner und Farbapplikationen dienen der weitergehenden Individualisierung des Trucks. Und wie beim Personenwagen gibt es sogar eine Projektion, die das MAN-Markenzeichen, einen Löwen, bei Dunkelheit und beim Einsteigen auf das Vorfeld der Kabinentür projiziert.

Frederik Zohm, Entwicklungschef bei MAN verspricht die Modellpalette bis 2050 CO2-neutral zu machen. Dies beginne in der Stadt mit Elektrofahrzeugen im Güter- und öffentlichen Personenverkehr. In Hamburg und München sind die ersten E-Busse unterwegs, was als angenehmen Begleiteffekt eine deutliche Senkung des Verkehrslärms mit sich bringt. Der Lion's E City kommt mit einer Batterieladung mindestens 200 Kilometer weit und lädt den Akku in vier Stunden wieder auf. Für die Fahrer ist der elektrische Antrieb ebenfalls ein Komfortgewinn. ,,Denn hier reicht der Druck aufs Fahrpedal und der Fahrer muss nicht acht- bis elfmal schalten, bis er Tempo 80 erreicht hat", sagt Frederik Zohm. Den Passagieren dürfte das ebenfalls gefallen. Denn wer ist auf einem Stehplatz nicht schon einmal in Wanken geraten, wenn der Fahrer oder die Automatik unsanft die Gänge wechselt. (ampnet/mk)

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