Test: Kymco New People S 300i - Ordentlich verbunden

Der Großradroller gibt sich bestens motorisiert, ist aber nicht ganz frei von Schwächen.

Die neuen Modelle der Kymco People-Baureihe - es gibt sie mittlerweile mit 50, 125 und 300 Kubikzentimetern Hubraum - stellen mit ihren 16 Zoll großen Rädern schnörkellose, unkomplizierte und fahrsichere Motorroller dar. Genau recht für den preisgünstigen Weg von A nach B. Für 5.147 Euro (incl. 16 % MwSt.) ist der der neu, schick eingekleidete New People S 300i als ernsthafter Kandidat in den Ring eines wichtigen Scooter-Segments getreten. Hier wird allerdings mit harten Bandagen gekämpft.

Der nach wie vor 299 Kubikzentimeter große Einzylindermotor weist mit 20kW/27 PS nun etwas weniger Leistung auf, als bei seiner Markteinführung von nunmehr neun Jahren. Doch trotz des recht hohen Leergewichts von 188 Kilogramm darf er nach wie vor als spritzig gelten. Das hat seinen Grund nicht zuletzt in der sehr gut abgestimmten Gasannahme des Einspritztriebwerks. Für den Sprint von 0 auf 100 km/h genügen zehn Sekunden, auch Überholmanöver aus gängigem Landstraßentempo heraus bewältigt der Dreihunderter souverän. Das Spitzentempo liegt laut Kymco bei 125 km/h; es gibt aber auch Fahrzeuge, die mit echten 140 km/h gemessen wurden. Der Tacho schwindelt auch heute noch, der Wegstreckenzähler läuft sogar um satte zehn Prozent vor. Das suggeriert einen besonders günstigen Verbrauch; in der Praxis braucht der Kymco bei sehr zügiger Landstraßenfahrt deshalb aber nicht 3,7 Liter pro 100 Kilometer, sondern 4,1 Liter. Wer weniger heftig am Gasgriff dreht, kommt mit dem Normverbrauchswert von 3,6 Litern problemlos tatsächlich 100 Kilometer weit. Die Reserveleuchte macht sich dann nach knapp 200 Kilometern bemerkbar.

Weitaus besser als früher ist die Bremsanlage mit je einer Scheibe vorne und hinten sowie hinterlegtem ABS. Die vordere Dreikolbenzange beißt kräftig zu, die hintere Zweikolbenzange unterstützt harte Verzögerungsmanöver wirksam.  Federung und Dämpfung sind nicht die große Stärke des Kymco; auf schlechten Straßen finden immer wieder harte Schläge den Weg von der Hinterhand ins Fahrer-Kreuz. Zwar ist die Fahrstabilität auch bei Maximalgeschwindigkeit einwandfrei, aber die Handlichkeit bei niedrigem Tempo ist eher mäßig. Bei höherem Tempo und größeren Radien gibt sich der Scooter verbindlich. Auch lange, gebirgige Strecken mit einem großen Anteil enger Kurven fallen mit dem New People S 300i keineswegs schwer. Das liegt nicht zuletzt an der sehr gut gelungenen Ergonomie: Sitzplatzangebot wie Sitzkomfort, Lenkergestaltung und der ordentliche Platz im Fußraum - mit ebenem Durchstieg - machen das Aufsteigen wie das Fahren leicht und komfortabel. Zumindest solange es trocken ist, denn einen nennenswerten Schlechtwetterschutz weist der New People nicht auf. Das zentrale Anzeigeinstrument ist gut ablesbar, einen Drehzahlmesser haben wir nicht vermisst.

Beim Vorgänger war 2011 ein Connectivity-Modul wie das Kymco-System Noodoe noch Zukunftsmusik. In Verbindung mit einer speziellen Smartphone-App bietet Noodoe Navigationsmöglichkeiten, es zeigt eingehende Nachrichten oder Informationen zu Tankstellen, Wetterprognosen und vielerlei mehr. Insofern ist der New People S 300i mittlerweile ein hochtechnisierter, aber eben weiterhin funktional ausgerichteter Scooter, dessen Hauptständer sich leicht bedienen lässt. Dass die Beleuchtung rundum auf LED-Basis funktioniert, sei nur der Vollständigkeit halber erwähnt. Zumindest Fahrer in hügeligen Gegenden würden sich über eine Feststellbremse freuen, um auch mal ,,talwärts" parken zu können.

Vom Stauraumangebot her spielt der New People S 300i nicht in der ersten Klasse seiner Kategorie mit; andere Scooter mit 16 Zoll-Rädern haben teils deutlich mehr Untersitzstauraum zu bieten. Beim Kymco hat dort nur Kleinzeug Platz; statt einer USB-Buchse wohnt dort ein altertümlicher 12 V-Anschluss. Wie dereinst beim People GT 300i ist das Topcase in Fahrzeugfarbe serienmäßig; es ist leicht bedienbar und fasst bequem den Wochenendeinkauf eines Einpersonen-Haushalts, aber keine zwei Helme. Leider sitzt es zudem fahrphysikalisch an einer unguten Stelle, nämlich ganz hinten ganz oben. Zusätzlich gibt es im Frontfach der Verkleidung noch ein kleines abschließbares Handschuhfach. Das Einschlüsselsystem stellt einen Pluspunkt dar.

Unterm Strich fällt das Fazit zwiespältig aus: Ein ausgezeichneter, weil starker und zugleich kultivierter Einzylindermotor trifft auf ein durchschnittliches Fahrwerk und eine schick gezeichnete Karosserie, deren Platzangebot für Fahrer und Passagier überzeugt, deren Stauraum und Windschutz aber unterdurchschnittlich ausfallen. Für den Kymco spricht wiederum sein mit knapp 5.200 Euro relativ günstiger Preis, Technik-Fans schätzen zudem das Connectivity-System.

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