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Omnibus-Spezialitäten: Großtransporter für die Region

Mit fast 15 Metern ist der Setra S 415 LE Business schon ein sperriger Geselle. Mit riesigem Radstand und langem Überhang will er mit Umsicht pilotiert werden. Als Linienbus bietet der lange Dreiachser dennoch zeitgemäße Fahreigenschaften.


Mit fast 15 Metern ist der Setra S 415 LE Business schon ein sperriger Geselle. Mit riesigem Radstand und langem Überhang will er mit Umsicht pilotiert werden. Als Linienbus bietet der lange Dreiachser dennoch zeitgemäße Fahreigenschaften.

In der Überlandsparte haben die Setra-Strategen Mitte des Jahrzehnts ein glückliches Händchen bewiesen und früh die richtigen Weichen gestellt. Schnell wurde den klassischen Hochboden-Bussen ein Low-Entry-Modell zur Seite gestellt. Nicht nur in Deutschland werden im Regionalverkehr niederflurige Einstiege verlangt, um barrierefreie Beförderung auch in der Fläche zu realisieren. Aber muss es deshalb gleich ein Niederflurbus sein?

Die Neu-Ulmer hatten ihr einziges Niederflur-Modell durch eine Low-Entry-Variante ersetzt - und daraus ist eine eigene Baureihe entstanden: Zwei Zweiachser mit 12,3 und 13 Meter Länge, dazu ein langer Dreiachser mit 14,6 Meter, gut für 61 sitzende und etliche stehende Fahrgäste. Der Beiname "Business" lässt günstige Preise und einen auswärtigen Produktionsstandort vermuten, diese Setra-Fahrzeuge werden aber im deutschen Werksverbund gefertigt. Der Erfolg gibt dem Hersteller recht, und das schon seit etlichen Jahren. Never change a winning team - vermutlich lag es an der unverändert hohen Nachfrage nach den Low-Entries, dass die Strategen noch immer an den Baureihe-400-Typen festhalten. Die Setra-Reisebusse sind da schon weiter, sie rollen allesamt auf den moderneren 500er-Plattformen.

Stufenlose Einstiege und gut erreichbare Sitze im Vorderwagen sind ja zeitlos erstrebenswert, sie gelten im Überlandverkehr als ausreichend für die barrierefreie Beförderung. Und so mancher Fuhrpark-Verantwortliche spart sich dort, wo es um höhere Kilometerleistungen geht, gern die Portal-Antriebsachse. Bei längeren Distanzen und größerem Fahrgastaufkommen spielt sich dann der S 418 LE Business in den Vordergrund, er konkurriert mit seiner Kapazität schon fast mit einem Gelenkzug - fährt aber unter schwierigen Umständen besser und sicherer.

Für die Klasse-1-Zulassung wird er auf schlanke 275er-Stadtbusreifen gestellt, aber lieber rollen Setra's LE auf den üppigeren 295-Zöllern. Der lange LE ohnehin, er ist eher ein Streckentyp als ein Häuserschluchten-Wusler. Eingewöhnung verlangt der Radstand, sieben Meter sind nicht ohne. Auch der hintere Überhang drängt bei vollem Einschlag recht kräftig nach außen, dafür zeichnet die Nachlaufachse verantwortlich, die permanent hydraulisch mitlenkt. Bei aller Länge kann sich der Wendekreis mit 23,5 m sehen lassen. Versierte Fahrer befahren enge Radien mit besonderer Umsicht, holen weit aus und schlagen bei engen Abständen zum benachbarten Verkehrsteilnehmer erst spät voll ein.

Antriebsseitig präsentiert sich der Dreiachser ziemlich fit. Die nötige Power bei niedrigen Drehzahlen liefert ein 10,7-Liter-Sechszylinder mit 394 PS. Mit maximal 1.900 Newtonmetern Drehmoment schiebt er kräftig an und souverän an, für einfache Topografien sollte man die schwächere OM-470-Variante mit 360 PS und 1.700 Newtonmeter durchaus in Betracht ziehen. Zumal, wenn eine Ecolife-Automatik das Drehmoment verwaltet, die rasch Gang für Gang nachlegt und bei Bedarf für verblüffendes Beschleunigungsvermögen sorgt. Ohnehin raten wir bei diesen Fahrzeugformaten zu automatisierter Schaltarbeit, der Fahrer hat dann in vielen kniffligen Verkehrssituationen die Hand am Lenkrad und die volle Aufmerksamkeit auf der Straße.

Klar, dass so ein langer Dreiachser stoisch geradeaus fährt, selbst auf welliger Fahrbahn, die mit Spurrillen durchsetzt sind. Er lässt sich einfach und sicher fahren - aber immer mit dem Wissen um die Länge, den Radstand und das Heck. Und nein, auf der Autobahn fühlt sich der 418er nicht deplatziert an.

Optisch ist der lange Regional-Setra mit der Typbezeichnung 418 nicht mehr taufrisch. Etwas altbacken ist auch das Cockpit, hier stehen noch die Pedale aus dem Boden. Der Low-Entry muss auf die Segnungen moderner Elektronik verzichten - wo doch gerade der Abbiegeassistent so hilfreich wäre. Erst 2020 soll es bei Daimler neue Regionalbusse geben.

Bis dahin bietet der S 418 LE die Kapazität eines Truppentransporters und leistet seine Dienste mit gutem Komfort. Auch wenn wir es hier mit Nahverkehr zu tun haben: Die konzerneigene "Transit"-Bestuhlung reicht auch mal für eine Stunde Fahrt im Berufsverkehr. Guten Klimakomfort darf man von einem Setra ohnehin erwarten, der Mitteleinstieg hält eine Rollstuhlrampe bereit, auch das ist keine Überraschung. Wie überhaupt das Fahrzeugkonzept, das im Alltag eine ziemlich gute Figur abgibt.

Wolfgang Tschakert / mid

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