Reportage

Dreizack im digitalen Aufbruch

In Modena wohnen Vergangenheit und Zukunft der Marke Maserati Tür an Tür. Können Freunde legendärer Modelle im Auto-Museum der italienischen Familie Panini voll in der Maserati-Geschichte schwelgen, demonstrieren das nahe gelegene Maserati-Werk und Innovation Lab Istzustand und Perspektive der technologischen Entwicklung.


In Modena wohnen Vergangenheit und Zukunft der Marke Maserati fast Tür an Tür. Können Freunde legendärer Modelle im Auto-Museum der italienischen Familie Panini voll in der Maserati-Geschichte schwelgen, demonstrieren das nahe gelegene Maserati-Werk und Innovation Lab Istzustand und Perspektiven der technologischen Entwicklung. Der Motor-Informations-Dienst (mid) besuchte in der norditalienischen Balsamico- und Sportwagen-Stadt alle drei Motor-Welten - eine rasante Zeitreise.

Milchkühe für die Parmesankäse-Produktion sind einen Steinwurf entfernt untergebracht von der Halle, wo die Gebrüder Panini, Sprösslinge der Sammelbild-Dynastie, Schätze der Maserati-Geschichte hüten. Nonchalant antichambrieren unweit der Eingangspforte alte Trecker - passend zur Landluft zwischen Modena und Maranello. Die historischen Traktoren tragen teils illustre Markennamen wie Lamborghini und Fiat.

Zu den Preziosen im Innern der Ausstellungshalle gehört der A6GCS Berlinetta mit einer Karosserie von Pininfarina, der 1953 bei der Mille Miglia debütierte und danach zum Seriensieger vieler Rennen wurde. Ein altes schwarzes Ghibli-Coupé fährt noch Ehrenrunden auf dem weitläufigen Gelände. Und ein etwas eckiger, aber eleganter Quattroporte in Dunkelgrün mit hellem Leder, ein Modell aus den 80er Jahren, hält sich vornehm im Hintergrund. Mehr als 20 Schmuckstücke mit Dreizack beherbergt das Panini-Museum.

In Modena ist Maserati ziemlich präsent, auch wenn die GT-Produktion im Hauptwerk nun ihr Ende gefunden hat. In der dortigen Fertigungsstraße soll aber bald ein neuartiger Supersportwagen entstehen, so dass sich der Abschiedsschmerz vom legendären GranTurismo, dessen Nachfolger dem Vernehmen nach in Turin gebaut werden soll, in Grenzen hält. Zum Abschluss der Produktion des GranTurismo wurde nun der GranTurismo "Zéda" feierlich enthüllt.

Der Name bedeutet "Z" im modeneser Dialekt. Er soll einerseits die Wurzeln von Maserati würdigen und andererseits daran erinnern, dass es für jedes Ende einen neuen Anfang gibt: So stellt Maserati den "Z" in Erwartung eines neuen GranTurismo vor. Das sportlich-futuristisch anmutende Fahrzeug wurde vom Maserati Centro Stile entworfen und erzählt durch Farben und Materialien die Geschichte vom Aufbruch in eine neue Ära. Hinten ist er silbrig und vorne tief blau - selbstverständlich ein Maserati-Blau.

Die Fertigungsstraße im Maserati-Werk besitzt die Modernität von Autofabriken der heutigen Zeit. Doch echte Zukunftsmusik spielen die Sportwagenbauer im "Innovation Lab", dem Forschungs- und Technik-Laboratorium der Edel-Marke. Erstmals lud Maserati zu einer Führung durchs technologische Oberstübchen. Dort wird sofort klar: Der gute alte Dreizack befindet sich im digitalen Aufbruch - von der Fahrzeugentwicklung über Konnektivität, Fahrassistenz bis zur erstmaligen Elektrifizierung der Maserati-Modelle, deren Schöpfer ja eigentlich Benzin im Blut haben.

Das im September 2015 eröffnete Entwicklungszentrum an der Via Emilia Ovest in Modena ist eine Hightech-Einrichtung, in der die Zukunft von Maserati gestaltet wird. Dort unterstützen digitale Prozesse die Produktentwicklung. Nun sind die Ansprüche von Maserati-Kunden hoch und speziell. Die Berücksichtigung der Kundenbedürfnisse wurde dank einer Mischung aus Hardware und Software akribisch in die Simulationsprozesse einbezogen. Hierbei gibt es drei Stationen: den statischen Simulator, den dynamischen Simulator der neuesten Generation mit DiM-Technologie (Driver-in-Motion) und das Entwicklungslabor "User eXperience".

Besonders spektakulär ist der DiM-Simulator - vor allem in Aktion mit Testfahrer und naturidentischen Fahrgeräuschen inklusive Motor-Sound und Reifenquietschen. Mit verschiedenen Bewegungsrichtungen erzeugt dieser Simulator ein Fahrerlebnis, das in einer virtuellen Umgebung die Fahrdynamik eines Autos in der realen Welt auf vielen Straßenoberflächen oder Kontexten nachahmt, einschließlich der berühmtesten Rennstrecken der Welt. Änderungen am Fahrzeug können mit wenigen Klicks vorgenommen werden, was die Analyse der gesammelten Daten erheblich vereinfacht.

Andrea Fioccardi, Mitarbeiter im Maserati-Labor, erklärt: "Aus allen realen Dingen können mathematische Modelle entwickelt werden." Mittlerweile sei die letzte Lücke zwischen realer Welt und Simulation geschlossen. Beispielseise verbaue man im Simulationsfahrzeug das gleiche Gaspedal, das auch der Kunde nutze. Ja, heute habe man im Laborauto dasselbe Fahrgefühl wie im echten Maserati.

Auch für Außenbedingungen gibt es Simulationen, etwa einen leicht gebogenen Tageslicht-Fluter, der aussieht wie die bewegliche Oberklappe einer Sonnenbank - nur zehnmal so groß. Das Leucht-Gewölbe kann sich um das Fahrzeug drehen und von allen Seiten Licht spenden. Und dies ist nur ein kleines Detail im Konzert der Simulatoren, welche die Entwicklung künftiger Maseratis - sei es nun der proklamierte Supersportwagen oder der nächste GranTurismo - wohl merklich verändern wird.

Lars Wallerang / mid

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