50 Jahre BMW-Motorräder aus Berlin - Mit großem Volumen

Seit der Verlagerung der Motorradproduktion von der Isar an die Spree 1969 wurden in Berlin 3 Millionen BMW Motorräder gebaut. Während man in Berlin auf Klassiker setzt, kommen kleinere Maschinen mit BMW-Logo heute aus Indien.

Die gelblackierten C-Haken im Berliner BMW Motorradwerk sind bestens ausgelastet: Es ist Frühjahr und damit Hochsaison in der Zweiradfertigung. Mit bis zu 800 täglich gebauten Einheiten - Motorräder und großvolumige Kraftroller - läuft das Werk im Stadtteil Spandau auf vollen Touren. 2.100 Mitarbeiter sind hier tätig, mehr als jemals zuvor. Denn auch die Produktion von BMW Motorrädern und Rollern ist höher als sie es in den 50 Jahren, in denen die Reifen der BMWs mit Berliner Luft befüllt werden, jemals war. Nach acht Rekordjahren in Folge liegt die Latte seit Ende Dezember 2018 auf 122.466 Einheiten, die hier im Laufe eines Kalenderjahres entstanden sind. Rechnet man die CKD-Kits mit, die für das internationale Produktionsnetzwerk von BMW Motorrad an der Spree hergestellt worden sind, waren es sogar über 130.000 Einheiten.

Angefangen hat das Werk Spandau mit einem Bruchteil davon: Ganze 1.605 Motorräder wurden im Eröffnungsjahr 1969 ausgeliefert. Es hatte freilich erst im September begonnen, und zwar mit dem Modell R 60/5. In den letzten Monaten des Jahres folgten dann die sportlichere R 75/5 und die R 50/5 als leistungsreduziertes Behördenmodell. Maximal 30 Motorräder konnten die 400 in Spandau beschäftigten Mitarbeiter pro Tag bauen. Es war die Zeit, als bei BMW Scheibenbremsen noch nicht Eingang in die Produktion gefunden hatten und für 50 PS Motorleistung ein 750 Kubikzentimeter großer Boxermotor benötigt wurde; die R 60/5 kam lediglich auf 40 PS, die Halblitermaschine, ausschließlich für das Behördengeschäft aufgelegt, beschied sich mit 32 PS. Die /5-Modelle waren zugleich die ersten BMWs, die zusätzlich zum traditionellen Kickstarter mit einem Elektrostarter ausgerüstet wurden. Auch die Motoren waren Neukonstruktionen, bei denen die Kurbelwellen nicht mehr rollengelagert, sondern gleitgelagert waren. Neu im Jahr 1969 war auch der Gleichdruckvergaser, den es im Spitzenmodell R 75/5 gab: Dennoch lag deren Motorleistung um volle 17 PS unter derjenigen der damals neuen Honda CB750.

Es verwundert angesichts der seinerzeit niedrigen Produktionszahlen von maximal 30 Stück am Tag nicht, dass vom Produktionsbeginn 1969 an 32 Jahre vergehen mussten, bis BMW das ein millionste in Berlin gefertigte Motorrad feiern konnte: Für die ersten 100.000 Fahrzeuge, aktuell in etwa neun Monaten hergestellt, brauchte es sechs Jahre. Man schrieb bereits das Jahr 2001, als die Eine-Million-Jubiläumsmaschine, eine R 1200 RT, vom Band lief. Die nächste Million war angesichts des anhaltenden Aufschwungs von BMW Motorrad, bereits zehn Jahre später geschafft: Das Jubiläumsbike war eine R 1200 GS. Die Zwölfhunderter Boxer-GS ist ohnehin das meistgebaute Fahrzeug der bayrischen Berliner: Mehr als 25.000 Einheiten dieses Typs wurden 2018 fertiggestellt, dazu kommen weitere über 18.000 des Schwestermodells R 1200 GS Adventure; beide werden seit Ende 2018 durch das Modell R 1250 GS ersetzt. Auf den nächsten Plätzen des letztjährigen Produktions-Rankings in Berlin liegen die F 850 GS, deren Motor allerdings nicht in Berlin, sondern in China gebaut wird, mit gut 9.000 Einheiten, der Luxustourer R 1200 RT mit knapp 9.000 Einheiten und die F 750 GS mit über 8.600 Einheiten.

An den fünf Grundbändern entstehen gleichzeitig 25 unterschiedliche Modelle. So werden am Grundband 3 die F-Modelle der Mittelklasse sowie die Sportmodelle mit dem Vierzylinder-Reihenmotor gebaut. Das dreimillionste Fahrzeug ist ein Superbike, die S 1000 RR, die bei lediglich 197 Kilogramm Gewicht über einen Einliter-Vierzylindermotor mit 207 PS verfügt. Dort gibt es den legendären C-Haken nicht mehr; die im Bau befindlichen Motorräder werden durch fahrerlose Transport-Fahrzeuge (FTF) bewegt.

Außer im Werk Berlin-Spandau werden BMW Motorräder auch noch in Brasilien, Thailand, China und Indien montiert. Auf die höchsten Zahlen kommt dabei die ausschließlich beim Partner TVS in Indien gebaute G 310, die es derzeit als Roadster- und als GS-Version gibt. Der Erfolg dieser anfangs schwierigen Zusammenarbeit lässt mittlerweile den Gedanken aufkommen, ob nicht sogar eine 125er BMW auf die Räder gestellt werden könnte; KTM baut bereits seit Jahren sehr erfolgreich Achtelliter-Modelle, und zwar ebenfalls in Indien. Weitere Entwicklungen, die allerdings bereits weitaus früher als eine eventuelle 125er erscheinen werden, betreffen die F-Baureihe und die Boxer-Baureihe: Die Entwicklung eines etwa 1,8 Liter großen Boxermotors für ein Neumodell im Cruiser- und Touringsegment ist bereits bestätigt. Das primär für den US-Markt gedachte Serienmodell könnte 2020 von den Bändern rollen. Und auch die dritte Version der F-Baureihe nach F 750 GS und F 850 GS wird wohl schon nächstes Jahr in Berlin produziert werden; sie folgt einer Studie namens Concept 9cento und orientiert sich stilistisch an der sehr erfolgreichen S 1000 XR.

Wie lange an der Spree noch die großvolumigen Roller der Typen C 650 GT und C 650 S gebaut werden, ist fraglich; BMW hat sich nämlich mittlerweile entschieden, mittelfristig sämtliche Zweiräder, die in die Urban-Kategorie fallen, zu elektrifizieren. Deshalb werden die derzeit in Berlin gebauten Verbrenner-Scooter wohl auch keine Nachfolgemodelle erhalten.

Das bereits vor Jahren formulierte Ziel von BMW Motorrad sieht vor, im Jahr 2020 200.000 Motorräder und Roller abzusetzen. 2018, im achten Rekordjahr in Folge, erreichten die Bayern über 165.000 Einheiten. Wichtigste Märkte nach Deutschland waren Frankreich, Italien, die USA, Spanien und Großbritannien. Diese sechs Länder nahmen rund 90.000 Einheiten auf. Insbesondere in den USA, dem größten Motorradmarkt der Welt, will BMW sich künftig stärker in Szene setzen.

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