Neuer BMW-Boxermotor - Größer, stärker und voller Finessen

Das neue 1250-erTriebwerk mit variabler Ventilsteuerung kann alles besser und ist zudem sparsamer. Eingesetzt wird es ab Oktober unter anderem in der neuen R 1250 GS.

Kein Motorradmotor ist typischer für eine Marke als der Zweizylinder-Boxermotor. Er steht aber nicht nur für den Markenkern von BMW Motorrad, er ist auch nach wie vor das wichtigste, weil meistgebaute Antriebsaggregat der Münchner. Zuletzt haben die Entwickler 2013 mit der Vorstellung des ersten teilweise flüssigkeitsgekühlten Boxermotors ein neues Leistungs- und Komfortlevel erreicht. Nun hält mit der neuen ShiftCam-Technik erstmals eine variable Ventilsteuerung Einzug in einen bayerischen Motorradmotor. Das soll für verbessertes Laufverhalten des auf 1.254 Kubikzentimeter Hubraum vergrößerten Aggregat sorgen, verbunden mit einer kräftigen Leistungserhöhung: Statt 125 PS/92 kW stehen bei unverändert 7.750 U/min nun 136 PS/100 kW zur Verfügung, das maximale Drehmoment steigt von 125 auf 143 Newtonmeter bei 6.250 U/min.
Mit der variablen Steuerung sind Ventilsteuerzeiten und Ventilhub nicht mehr über das gesamte Drehzahlband fixiert. Herzstück dieser Technik ist eine einteilige Einlass-Schaltnockenwelle, die pro zu betätigendem Ventil über zwei Nocken verfügt: eine Teillast- und eine Volllastnocke mit jeweils unterschiedlich gestalteter Nockengeometrie. Bei der Teillastnocke werden Verbrauch und Laufkultur optimiert, bei der Volllastnocke steht die Leistung obenan. Die axiale Verschiebung der Einlassnockenwelle erfolgt über eine Schaltkulisse auf der Nockenwelle und einen dort befindlichen elektromechanischen Aktuator. Auf diese Weise werden die Einlassventile von einer der beiden Nocken aktiviert. Bei der Volllastnocke steht der gesamte Ventilhub zur Verfügung, bei der Teillastnocke nur ein Teil davon.
Mit Hilfe der Shift-Cam-Technik öffnen sich zudem die Einlassventile asynchron, so dass das eingespritzte Benzin-Luftgemisch einen speziellen Drall erhält, was zu einer verbesserten Verbrennung führt. Günstigere Emissionswerte sind die im Hinblick auf die künftige Euro-5-Norm höchst erwünschte Wirkung, dazu kommt eine vierprozentige Verbrauchsreduzierung. Angesichts der Leistungsdaten stellt der Konsum von durchschnittlich 4,75 Liter Benzin auf 100 Kilometer Strecke einen bemerkenswert guten Wert dar.
Um ihn und die verbesserte Laufkultur zu erreichen, bedurfte es weiterer Mittel: So hat BMW eine neue Motorsteuerung (BMS-O) installiert und den Nockenwellenantrieb von Rollenkette auf Zahnkette umgestellt. Auch Ölversorgung und Kolbenbodenkühlung wurden optimiert, um höheren Temperaturen in Folge der besseren Verbrennung und des magereren Gemischs gewachsen zu sein. Für die optimierte Gemischaufbereitung stehen neuartige Zweistrahl-Einspritzdüsen zur Verfügung. Hinzu kommt eine neue Abgasanlage.
Eingesetzt wird das neue Triebwerk ab Oktober in der neuen R 1250 GS. Es verwundert nicht, dass BMW exzellente Fahrleistungen angibt: 3,6 Sekunden für den Standardsprint auf 100 km/h sind im Reiseenduro-Segment ein Spitzenwert. Der Durchzug, schon immer eine Domäne der Boxermotoren, dürfte angesichts des Drehmomentgebirges nochmals gewaltiger sein als bisher.
Die Revolution im Motor-Inneren ist der GS von außen kaum anzusehen: Weil sich weder die Silhouette noch wichtige Bauteile verändert haben, verrät neben geringfügig anders gestalteten Zylinderkopfhauben nur der Schriftzug ,,1250" das 2019er Modell. Fahrwerk, Bremsen und Ergonomie bleiben unverändert, lediglich die Ausstattung wird dem Zeitgeist entsprechend verbessert: Sowohl das bisher aufpreispflichtige LED-Licht wird Serienbestandteil als auch das 6,5 Zoll große vollfarbige TFT-Display im Cockpit. Zusammen mit dem Leistungsplus erscheint die Preisanhebung von 15.300 auf nunmehr 16.150 Euro verschmerzbar.
Ab Oktober soll es auch die neue R 1250 RT (ab 18.000 Euro) geben. Sie weist denselben neuen Motor auf wie die GS, dazu wird serienmäßig das schräglagentaugliche ABS Pro installiert. Wer die automatisierte Fahrwerksregelung Dynamic-ESA bestellt, erhält künftig als Dreingabe den automatischen Beladungsausgleich, den es bislang nur in der GS gab. Ausgeweitet hat BMW auch das Angebot an Individualisierungsmöglichkeiten: In den Preislisten des Spezial-Programms finden sich zahlreiche Frästeile, geschmiedete Sonderräder, Speziallackierungen mit von Hand gezogenen Zierlinien sowie eine spezielle Sitzbank und ein HP-Sportauspuff.

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