Test: Urbike Elbike - Schickes Schummelrad

Spartanisch, hart, sportlich - diesen Eindruck vermittelt auf den ersten Blick das Elbike. Was man dem ,,Fake-Fixie' nicht ansieht: Es handelt sich außerdem um ein Pedelec. Um ein überraschend günstiges sogar.

Das englische Wort Fake ist mittlerweile in aller Munde. Doch neben Nachrichten verschleiern auch manche Fahrräder ihren wahren Kern, indem sie optisch vorgeben, das Gegenteil von dem zu sein, was ihren eigentlichen Kern ausmacht. Wie etwa das neue Pedelec Elbike der deutschen Firma Urbike, das stylish, hart, schnell und spartanisch daherkommt. In Wahrheit handelt es sich jedoch um ein Schummelrad mit E-Antrieb. Einem durchaus überzeugenden sogar, was angesichts von Frontmotor und 2.000 Euro Basispreis dann ebenfalls überrascht.

Viele Fahrradexperten sehen die 2.000-Euro-Marke nämlich als unteres Limit für vernünftige E-Bikes. Für optisch aufgeräumte Intube-Pedelecs werden sogar meist mehr als 3.000 Euro aufgerufen. Doch das Elbike bietet neben elektrischer Antriebstechnik ein sehenswertes Design, vor allem die Version mit poliertem Alurahmen vermittelt zusammen mit schmalem Lenker, Sporträdern und Sportsattel puristisches Fixie-Flair. Ein Fahrradtyp also, auf das dynamische Typen mit langen Bärten und bunten Tattoos abfahren. Anders als man auf den ersten Blick erwarten möchte, können mit dem Elbike ebenso Untrainierte fix unterwegs sein, da sich im Vorderrad ein chromglänzender Nabenmotor befindet, der Strom aus einer im Unterrohr des Diamantrahmens versteckten 418-Wh-Batterie bezieht.

Um den Antrieb zu aktivieren, reicht ein kurzer Druck auf einen im Batteriekastendeckel eingelassenen Gummiknopf. Nach dem Einschalten leuchtet eine darunter befindliche Diodenreihe auf, die über den Füllstand des Akkus informiert. Parallel erwacht das kleine Display am Lenker aus dem Tiefschlaf, das unter anderem mit einer großen ,,1" auf die niedrigste Unterstützungsstufe hinweist. Über eine Plustaste am Display lässt sich mehr Unterstützung anfordern. Wie bei den meisten Pedelecs wird man auch hier maximalen Schub...pardon, Zug einstellen. ,,6" heißt Power-Stufe, die den Fahrer selbst an Steigungen in erfreulich souveräner Weise unterstützt. Während die meisten Pedelecs allerdings recht unmittelbar auf Pedaltritte mit Motorschub reagieren, setzt beim Elbike die Unterstützung leicht verzögert ein. Zudem läuft die 36-Volt-Ansmann-Maschine spürbar nach. Das ist nicht schlimm, aber gewöhnungsbedürftig

Das gilt auch für das laute Schnarren aus der Hinterradnabe, wenn das Rad ausrollt, was übrigens häufiger der Fall ist, da man angesichts der Abwesenheit einer Schaltung häufig dazu neigt, in Intervallen zu beschleunigen. Ein paar Pedalumdrehungen, und schon kommt man auf über 25 km/h, wer etwas kräftiger tritt, erreicht problemlos auch über 30. Schnelles Strampeln kann über längere Zeit allerdings nerven. Wer statt Lance-Armstrong- den Jan-Ullrich-Stil bevorzugt, sollte für 180 respektive 240 Euro Aufpreis eine Nabenschaltung mit drei oder acht Gängen oder das 300 Euro teure Stufenlosgetriebe von Enviolo ordern. Optional gibt es für 180 Euro Aufpreis außerdem einen sauberen und leisen Riemenantrieb. Eine schöne Lösung eigentlich, allerdings rutschte der Riemen beim Anfahren an Steigungen gelegentlich auch kurzzeitig über.  
    
Wer hochfrequentes Strampeln mag, dürfte auch gut mit der Single-Speed-Version zurechtkommen. Nach einiger Zeit gewöhnt man sich auch daran, zumal das Elbike ein sportliches Fahrgefühl fast wie ein Rennrad vermittelt. Ähnlich unbequem ist das Pedelec übrigens. Federelemente? Fehlanzeige. Entsprechend geben die schmalen Räder dem Fahrer ungefiltert Auskunft über den Asphaltzustand, der auf deutschen Fahrradwegen selten gut ist. Außerdem wird die Haltung mit deutlich nach vorne gestreckten Oberkörper auf Dauer etwas anstrengend, auch weil der schmale und gerade Lenker keine alternativen Ablagemöglichkeiten für die Hände bietet, deren Gelenke meist früher als später schmerzen. Als Tourenrad ist das Elbike also kaum eine Empfehlung, wenngleich der Akku bis zu 80 Kilometer Reichweite erlaubt. Der Vorteil im Alltag: Die Batterie muss nicht jeden Tag ans Ladegerät.

Das wäre nicht mal schlimm, denn der Stromspeicher ist sogar herausnehmbar. Im unteren Bereich des Unterrohrs befindet sich ein kleines Schloss. Wird dieses geöffnet, lässt sich der fast drei Kilogramm schwere Batterieriegel auch in die Wohnung oder ins Büro mitnehmen. Angesichts der 16 Kilogramm Gesamtgewicht lässt sich alternativ auch das komplette Rad die Treppen hinauftragen. Allerdings konzentriert sich das Gewicht im vorderen Bereich, was die Sache beim Manövrieren auf den Stufen erschwert. Ein wenig stört der schwere Motor auch beim Anfahren, denn zumindest bei niedrigem Tempo kommt etwas Unruhe in die Lenkung. Auch daran gewöhnt man sich. Im Fahrbetrieb fällt der Motor im Vorderrad ohnehin kaum mehr ins Gewicht. Insgesamt vermittelt das Elbike ein sehr gutes Gefühl der Kontrolle. Das Pedelec fährt nicht nur schnell geradeaus, sondern eignet sich auch für den flotten Kurvenstrich. Die sportliche Optik ist also mehr als nur Show. Gut dosierbare und kräftig zupackende Hydraulikscheibenbremsen runden diesen positiven Eindruck ab.

Was bei unserem Testexemplar fehlte, waren in jedem Fall Schutzbleche, die Elbike zum Preis von 70 Euro anbietet. Bestellbar ist das Pedelec übrigens ausschließlich im Direktvertrieb auf der Webseite des Herstellers. Dort werden auch weitere Extras sowie eine große Bandbreite an Lackierung angeboten. Neben der unlackierten Variante stehen alternativ 16 Farben für Rahmen und Gabel zur Wahl, die sich in jeder denkbaren Variation zudem kombinieren lassen. Bei Ledersattel und -lenkergriffen kann man zudem noch zwischen Braun oder Schwarz wählen. Selbst mit einigen Extras bleibt der Preis mit gut zweieinhalbtausend Euro angesichts des Gebotenen auf erfreulich niedrigem Niveau.

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