Mobile World Congress

Barcelona 2018: Auf vier Rädern unterwegs im Internet

Der jährliche Mobile World Congress (MWC) Ende Februar in Barcelona gilt als wichtigste Mobilfunkmesse der Welt. 5G, der superschnelle und leistungsfähige Mobilfunk-Standard der Zukunft mit Downloadraten von bis zu 10 000 Megabit pro Sekunde, ist eines der angestammten Themen dieser Ausstellung, aber auch Voraussetzung für die Vernetzung von Automobilen in einem bisher nicht gekannten Maße. Fast alle Automobilhersteller, die etwas auf sich halten, sind in Barcelona dabei. Klar, dass Volkswagens spanische Tochter Seat diese Bühne für ein besonders eindrucksvolles Heimspiel nutzt.

Seat stellt beim MWC auf seinem beeindruckenden Messestand die theoretischen Möglichkeiten der Datentechnik mit anschaulicher Hardware vor, zum Beispiel mit dem Fahrsimulator Seat Connected Experience 2.0, der für den Kongress den Messestand dominiert und später für die Entwicklungsarbeit der Seat-Ingenieure zur Verfügung steht. Er ermöglicht eine 360-Grad-Ansicht der Zukunft der Digitalisierung des Autos.

Was das für die Praxis für unseren Umgang mit Fahrzeugen bedeuten kann, probieren wir einfach mal aus. Fabian Simmer, Digital Officer bei Seat in Martorell vor den Toren Barcelonas, erlaubt uns den Zugang zum Simulator durch die Erstellung einer Seat ID, mit der wir unsere Daten sowie die Fahrzeugkonfiguration personalisieren. Vor uns eröffnet uns ein Riesenbildschirm den Blick von der Fahrerposition aufs Verkehrsgeschehen. Und schon sind wir interaktiv auf den Straßen Barcelonas unterwegs. Wir lenken, geben Gas und bremsen. Der Simulator reagiert darauf wie in der Realität.

Allerdings werden wir in einem bisher nicht gekannten Maß mit Informationen versorgt, die uns den besten Weg durch den innerstädtischen Verkehr aufzeigen. Rechtzeitig vor dem drohenden Stau abbiegen? Kein Problem für Experience 2.0. Laneassist, Side Assist, Staupilot, die schon heute bekannten Systeme, beherrscht unser Simulator natürlich. Aber zwischendurch zeigt das große Display in der Mittelkonsole plötzlich den Paketboten, der vor unserer Haustür steht. Der darf sein Päckchen im Vorraum ablegen, weil wir ihm Zugang gewähren. Und weil wir uns ein bisschen verspäten werden, schalten wir die Heizung im Haus vom Auto aus auch ein wenig später an.

Ist unser Kommandostand eigentlich noch ein Auto? ,,Sicher", sagt Fabian Simmer, ,,aber man könnte den Seat der Zukunft auch als eine Erweiterung unserer Mobiltelefone ansehen." Verkehrsinformationen in Echtzeit, die Abfrage des Wetterberichts oder das Öffnen des Garagentors vom Lenkrad aus - all dies ist dank vernetzter Fahrzeuge möglich.

Fahrtziel ist diesmal ein Parkhaus in der Innenstadt Barcelonas. Dank entsprechender Apps ist ein Stellplatz für uns gebucht. Hinter der Schranke steigen wir aus und unser smarter Seat fährt von allein in die Parkbucht. Während der Fahrt hat Fabian Simmer schon mal eingekauft. Während wir gemütlich auf der Plaza einen Kaffee trinken, legt der Lieferant unsere Einkäufe bereits in den Kofferraum. Dazu ist er ebenfalls per App autorisiert.

Die schöne neue Welt soll auch nach Seats Vorstellungen nicht nur bequemer, sondern auch sicherer werden. Dafür steht Cristobal, der spanische Heilige für die Autofahrer. Und diesen Namen trägt auch ein Leon, den Seat für die Messe zum Konzeptfahrzeug umgerüstet hat. Cristobal soll zur Vision Zero beitragen, eine Vision der Europäischen Union, die das Ziel hat, die Zahl der Verkehrstoten auf Null zu drücken. Dieser Cristobal verfügt als Schutzengel über mehr als 15 Sicherheitsassistenten, deren Funktionen künftig dazu beitragen können, die Hauptursachen von Verkehrsunfällen wie Ablenkungen, Schläfrigkeit, Geschwindigkeits-Überschreitungen oder Alkoholkonsum zu reduzieren.

Die Fahrer der unterschiedlichsten Cristobals der Zukunft sollten sich nicht daran stören, dass sie vor Antritt jeder Fahrt den Wagen erst starten können, wenn sie in ein Röhrchen geblasen haben und der Detektor keinen Alkoholdunst wahrgenommen hat. Besorgte Eltern werden durchweg erfreut zur Kenntnis nehmen, dass ihre Kinder das Fahrzeug zwar ausleihen dürfen, aber dann nur in einem vorher festgelegten Bezirk spazieren fahren dürfen und dabei mit dem einprogrammierten Tempolimit leben müssen. Klar, dass auch der digitale Fahrtenschreiber mit dabei ist, der es den Eltern nachträglich erlaubt, die Fahrt ihrer Schützlinge zu analysieren - anderen Interessierten unter Umständen aber auch.

Ob wir uns das auch alles wirklich wünschen? Nun ja, die Vision Zero ist eben ein hoch gestecktes Ziel, aber eines, das alle Entwickler vor Augen haben.

Ein besonderes Bonbon für Technikliebhaber liefert auch Seats dritte Attraktion auf dem Messestand. Mit dem neuen Ateca als Konzeptauto zeigt Seat seine Kooperation mit Shazam und Amazon Alexa. Nachdem wir im Simulator ohne weitere Schwierigkeiten auf dem kürzesten Weg nach Hause gefahren sind, aktiviert Fabian Simmer die Sprachassistentin Amazon Alexa. Mit ihrer Hilfe kann er nun die Garage von seinem Seat aus ohne Fernbedienung öffnen. ,,Benutzerinteraktion mit sprachgesteuerten Geräten ist eindeutig ein Zukunftstrend", betont Simmer. Nicht zuletzt deshalb, um die Vielfalt der künftigen Funktionen sicher und ohne unnötige Ablenkung zu nutzen.

Diesem Ziel dient auch die Musikerkennungs-App Shazam, die Seat als erster Automobilhersteller der Welt in seine Modelle integrieren wird. Diese Neuigkeit gab Luca de Meo, Seats Vorstandsvorsitzender, zum Start des Mobile World Congress 2018 in Barcelona bekannt. Shazam ist eine der beliebtesten und bekanntesten Apps auf dem Markt und wird weltweit von über einer Milliarde Menschen genutzt. Der integrierte Dienst wird ab April in den Fahrzeugen der Marke über die Seat Drive-App für Android Auto-Geräte zugänglich sein. Dank dieser Partnerschaft werden die Kunden von Seat demnächst ihre Lieblings-Songs ganz einfach während der Fahrt identifizieren können - auch ein Schritt auf dem Weg zur Realisierung der Vision Zero. (ampnet/tw)

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