Vorstellung Nio ES8: Elektrische Hoffnung

Die Landschaft der chinesischen Start-up-Unternehmen, die mit Elektroautos auf den Markt drängen wollen, ist unübersichtlich geworden: Die Absichtserklärungen der Regierung lassen eine gewisse Goldgräberstimmung aufkommen. Weitaus überschaubarer ist die Liste der Hersteller, die bereits Substantielles auf die Straße gebracht haben. Das Unternehmen Nio gehört dazu: Mit dem SUV Nio ES8 wurde in Peking jetzt das erste Serienmodell vorgestellt.

Im Gegensatz zum Supersportwagen EP9, der einige Rekorde aufgestellt hat und zum Teil in Großbritannien entwickelt wurde, zeichnet sich der ES8 durch eine erheblich konventionellere Form aus. Mit 3,01 Metern Radstand und gut fünf Metern Länge weist er klassische SUV-Abmessungen auf; die Proportionen orientieren sich dabei eher an einem Audi Q7 als am Tesla Model X, was unter ästhetischen Kriterien sicher kein Nachteil ist.

Die Formensprache fällt reduziert und modern aus; die Scheinwerfer sind extrem schlank ausgeführt und die Rückleuchten erinnern an das Hybrid-Coupé BMW i8. Die Vollaluminiumkarosserie und die Aluminiumstruktur wurde gemeinsam mit dem austro-kanadischen Zulieferer Magna entwickelt.

Die moderne Anmutung setzt sich im siebensitzigen Innenraum fort. Dort dominieren horizontale Linien und eine weit oben angesetzte Mittelkonsole mit einem extrem futuristischen Wählhebel. Vor dem Fahrer sitzen ein digitaler Bildschirm und ein Head-up-Display, die Mittelkonsole wird von einem vertikalen Bildschirm dominiert. Der Beifahrersitz lässt sich zu einem veritablen Lounge-Sessel umfunktionieren.

Das Thema ,,Künstliche Intelligenz" wiederum wird durch eine Kugel symbolisiert, die mittig auf der Armaturentafel sitzt und mit den Insassen kommunizieren kann: Das ,,Nomi"-System sei ein ,,Begleiter, der dem Fahrer und den Passagieren zuhört, mit ihnen spricht und ihnen hilft", teilt Nio mit. Überhaupt will der ES8 in Sachen Infotainment und Telematik neue Maßstäbe setzen. So arbeitet das Fahrerassistenzsystem mit dem Mobileye-Eye-Q4-System der neuesten Generation.

Aber vielleicht legt der Fahrer ja gar keinen so großen Wert auf autonomes Fahren. Denn die Eckdaten versprechen jede Menge Fahrspaß. Die zwei Elektroantriebe, bestückt mit Kraftübertragungssystemen von Magna, leisten zusammen höchst eindrucksvolle 480 kW / 644 PS. Damit spurtet der SUV in ganzen 4,4 Sekunden von null auf 100 km/h. Zum Autobahn-Helden wird er damit allerdings nicht: Bei 200 km/h dürfte Schluss sein, und dabei handelt es sich noch nicht einmal um die Dauergeschwindigkeit.

Diese Abregelung dürfte nicht nur der Thermik, sondern auch der Reichweite zugutekommen: Im sehr optimistischen NEFZ-Zyklus kommt der ES8 auf 355 Kilometer, realistisch dürfte es deutlich weniger sein. Warum Nio der Öffentlichkeit statt dessen mitteilt, dass der SUV bei konstant 60 km/h genau 500 Kilometer weit kommt, bleibt ein Mysterium.

Immerhin soll das Wiederaufladen schnell gehen: Mit dem ,,Power Mobile"-System lassen sich in zehn Minuten 100 Kilometer Reichweite in den Akku pressen, und zudem lässt Nio mit dem ES8 das Wechselbatterie-Konzept wiederaufleben. In drei Minuten lässt sich der Akku komplett austauschen. Nio will die entsprechende Infrastruktur im Alleingang erstellen.

Angesichts der vielversprechenden Produkteigenschaften wirkt der Kaufpreis des Nio ES8 ausgesprochen günstig: 57 800 Euro soll das Auto kosten, und wer sich für ein Wechselbatterie-Abo entscheidet, für das im Monat 165 Euro fällig sind, zahlt sogar nur knapp über 45 000 Euro. Zunächst wird das Auto nur in China angeboten. Dort entscheidet sich, ob Firmenchef William Li mit seiner Vision von ,,blue sky coming" lediglich das Blaue vom Himmel verspricht - oder ob sich hier ein neues Start-up-Unternehmen dauerhaft am Markt etabliert. (ampnet/jm)

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