Kommentar: Das Eine-Million-Ziel und die Realität

Das Eine-Million-Ziel für Elektroautos von Angela Merkel war von Anfang an eine viel zu hoch liegende Messlatte. Das war allen klar - Politikern und Journalisten. Die Bundeskanzlerin jetzt an dieser Sprunghöhe messen zu wollen, bedeutet für beide Gruppen: Sie haben ihr Klientel - im besten Fall in gutem Glauben - getäuscht. Selbst später, als bei einigen mehr Realitätssinn einkehrte und sie auch den Verbund zwischen Verbrennungsmotor und Elektroantrieb auf einmal als Elektroauto gelten ließen, blieb die Zahl unerreichbar.

Niemand hatte bedacht, dass Autos auch Käufer finden müssen. Und das gelang nicht einmal den vorhandenen, heftig beworbenen Hybrid-Fahrzeugen in überzeugendem Maß.

Es war aber auch zu verlockend: Das Elektroauto löst alle Probleme - aber leider nur scheinbar. Denn der ökologische Fußabdruck über Produktion, Betrieb und Entsorgung ist bei unserem heutigen Kraftwerksmix in Europa immer noch schlechter als der eines vergleichbaren Autos mit Dieselantrieb. Das Elektroauto löst nur dort das Emissionsproblem, wo es gerade lautlos dahinrollt. Zu einem langsameren Klimawandel kann es nichts beitragen.

Dennoch ist das Bekenntnis zum Elektroauto heute eine überall geltende moralische Norm, ein Symbolthema wie einst - in der Reihenfolge ihres Auftretens - Kohlenmonoxid, Kohlenwasserstoffe, Feinstaub, Kohlendioxid und nun die Stickoxide, erst im Diesel, nun auch im Benziner. Vor uns liegen zum Beispiel noch Reifenabrieb und Bremsstaub. Doch die fallen auch beim Elektroauto an, werden deswegen vielleicht leiser attackiert werden.

Hoffentlich geht es der Automobilindustrie nicht 2025 so wie der Kanzlerin heute. Auch sie lebt nun mit dem Risiko, dass sie ihre Prognose nicht erreichen kann, weil nicht jeder vierte oder fünfte Autokäufer bereit ist, ein Elektroauto zu kaufen. (ampnet/Sm)



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