200 Jahre Fahrrad: Teil 1 - Als das Fahrrad laufen lernte

Ein Fahrrad scheint heute so einfach wie selbstverständlich. Doch musste erst einmal ein Einspurfahrzeug erdacht werden. Karl Freiherr von Drais war der erste, der vor 200 Jahren die epochemachende Erfindung auf die Straße brachte.

Erfindungen die nahezu aus dem Nichts entstehen, sind selten. Zu diesen wenigen radikal neu gedachten Innovationen gehört die Draisine, die als der historische Vorläufer des Fahrrades gilt. Karl Freiherr von Drais war der geniale Tüftler, der mit seinem Laufrad vor 200 Jahren eine erste Ausfahrt unternahm und damit den Grundstein für den erst viel später einsetzenden Siegeszug des Fahrrades legte.
 
Es mag verwundern, dass in den vielen Jahrtausenden menschlicher Kulturleistungen und technischen Erfindungen erst im 19. Jahrhundert jemand die Idee verfolgte, ein Einspurfahrzeug zu bauen. Doch offensichtlich kam bis dahin keiner auf den Gedanken, ein Vehikel mit zwei hintereinander angeordneten Rädern zu konstruieren. Vermutlich hatte niemand die sich stabilisierenden Kreiselkräfte der Räder erkannt. Von Drais baute ein solches Fahrzeug, das mit zwei Rädern, Rahmen, Sitz und Lenker bereits die auch für heutige Hightech-Bikes zentralen Elemente aufwies.
 
Das offizielle Datum für diese Erfindung ist der 12. Juni 1817. An diesem Tag machte sich Karl Freiherr von Drais mit seinem aus Holz gebauten Laufrad von der Mannheimer Innenstadt auf den Weg zur Pferdewechselstation Schwetzingen und zurück. Für die gut 13 Kilometer lange Strecke benötigte er eine knappe Stunde, was im Vergleich zu einem Fußmarsch die Zeit mehr als halbierte. Der Erfinder schien von seiner Errungenschaft jedenfalls überzeugt und ging auf Nummer sicher, indem er sich das badische Privileg für seine Draisine sicherte - eine Art Vorläufer für ein staatliches Patent. Wer eine Draisine wollte, konnte sie bei Drais direkt kaufen oder eine Lizenz erwerben, sich das Laufrad nachbauen zu lassen. Ein Nachbau einer Laufmaschine nach Karl von Drais zeigt das Technoseum in Mannheim noch bis 25. Juni 2017 in der Ausstellung ,,2 Räder - 200 Jahre".
 
Gut situierte Männer, meist adeliger Herkunft, fanden jedenfalls Gefallen an der so einfachen wie genialen Konstruktion, die sich dank Nachlauf stabil wie gezogen und nicht geschoben fuhr. Doch ansonsten bot das Laufrad in Sachen Verkehrssicherheit noch viel Entwicklungspotenzial. Wohl auch deshalb wurde den neuen Radrüpeln vielerorts die Nutzung der Bürgersteige versagt. Ab 1819 beschränkte die Stadt Mannheim die Nutzung der Draisine auf den Schlossgarten-Hauptweg - der Vorläufer des Fahrradweges war geboren.
 
Auf den Technikhistoriker Hand-Erhard Lessing lässt sich die These zurückzuführen, dass die Erfindung von Drais eine Reaktion auf eine globale Umweltkatastrophe war. Ein Vulkanausbruch in Indonesien im Jahr 1815 bescherte Europa nämlich ein kälteres Klima, was wiederum Nahrungsmittel knapp und teuer machte. Dies hatte auch negative Auswirkungen auf den Pferdebestand beziehungsweise die Kosten für die Pferdehaltung. Laut Lessing war Drais Erfindung als günstiger Pferdeersatz gedacht, was in Historikerkreisen allerdings umstritten ist. Vermutlich wollte der Freiherr vielmehr ein schickes Sportgerät für betuchte Männer anbieten. Die waren zunächst zwar angetan, doch eine Massenmobilisierung wie beim späteren Fahrrad blieb der elitären Draisine verwehrt. Stattdessen wurde das Laufrad vielerorts verboten und geriet bald wieder in Vergessenheit. Zunächst brach das Zeitalter der Eisenbahn an.
 
Doch mit der Draisine hatte Karl Freiherr von Drais den Grundstein für die Erfindung des Fahrrades gelegt. Über 40 Jahre sollte es noch dauern, bis ein entscheidender weiterer Schritt in Richtung modernes Fahrrad folgte: die Ausstattung der Draisine mit Pedalantrieb.

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