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mid-Kommentar: Chancen und Risiken für Opel

Für Wehmut oder Abschiedsschmerz ist keine Veranlassung. Opel tritt in eine neue Allianz mit Peugeot und Citroen ein, wird dem PSA-Konzern angeschlossen, aber ohne eine Träne im Knopfloch. Die neue deutsch-französische Alliance wird mit schönen und großen Abschiedsworten gefeiert, die jede Form der Zusammenarbeit offen lassen. Das gehört sich so, denn Optimismus ist Managerpflicht und es sieht so aus, als könnte der große 2,2-Milliarden-Euro-Deal nur Gewinner hervorbringen.

Für Wehmut oder Abschiedsschmerz ist keine Veranlassung. Opel tritt in eine neue Allianz mit Peugeot und Citroen ein, wird dem PSA-Konzern angeschlossen, aber ohne eine Träne im Knopfloch. Die Mandarine von Paris umarmen die Bürgerlichen von Rüsselsheim und die neue deutsch-französische Alliance wird mit schönen und großen Abschiedsworten gefeiert, die jede Form der Zusammenarbeit offen lassen. Das gehört sich so, denn Optimismus ist Managerpflicht und es sieht so aus, als könnte der große 2,2-Milliarden-Euro-Deal nur Gewinner hervorbringen.

General Motors (GM) beendet eine aus amerikanischer Sicht nicht mehr zeitgemäße Allianz. Europa ist für das amerikanische Automobil ohnehin verloren, der einstige Traum der kontinentalen Partnerschaft ist ausgeträumt. So ist die Trennung nur eine längst fällige Konsequenz. In Detroit wird aufgeatmet, denn dort wird schon lange mit dem kleinen Partner gehadert, nicht nur wegen anhaltender Verluste. Das europäische Gemäkel an den unzähligen GM-Fehlentscheidungen im Opel-Modellprogramm wurde nie wirklich akzeptiert, und die Amerikaner haken jetzt lieber aktiv eine Niederlage ab, die sie nicht als Verlust empfinden.

Es beginnt für GM der konsequente Abschied von Europa, und es gilt die volle Aufmerksamkeit dem asiatischen Markt mit Indien und China. Dieser andere, von den Amis nie verstandene, europäische Kontinent, mit seinen qualitätsversessenen Kunden und seinen eigenartigen Fahrgewohnheiten wird von GM als alt, unbelehr- und uneinnehmbar eingeschätzt. Gleichzeitig wird der Heimatmarkt immer stärker fixiert. Das macht die politische Führung vor - und die Industrie folgt. Für GM hat die Chefin Mary Barra bereits beim unberechenbaren Präsidenten Trump antichambriert und der drei Jahre alte Treueschwur auf Opel ("lebenswichtiger Teil") gilt ihr nicht mehr. Das ist aber kein Vorwurf, sondern die Industrie-Realität.

Für Opel gibt es im Verbund mit dem PSA-Konzern nicht nur Chancen, die künftige Konzentration auf PSA-Technik und Plattformen birgt auch Risiken: Das größte Risiko besteht im Verlust der Identität des Blitzes. Mehr als ein Markenzeichen, ist es ein Detail der Verbundenheit von Marke und deutscher (Industrie)-Geschichte. Das Wirtschaftswunder kam nicht nur durch den VW Käfer in Schwung, und in der hessischen Region ist die Liebe zu Opel mehr als nur ein Wort. Deshalb gibt es für Opel/PSA etliche Herausforderungen: Kann Opel einen eigenständigen Charakter behalten und wie wird dieser aussehen? Am stärksten waren die Opel-Autos bisher dann, wenn es darum ging, High-Tech erschwinglich zu machen. Das ist auch ein Eigenschaftskern von Peugeot und Citroen, allerdings mit einem feinen Schuss von Avantgarde und Exaltiertheit. Diese Eigenschaften hatte Opel nur selten aufzuweisen. Und deshalb ist PSA mit seinen Zugängen zu Märkten und neuen Kunden, die Opel bisher kaum oder gar nicht bedienen konnte oder durfte, ein besserer Partner, als GM mit seiner Politik der Markt-Aufteilung. Und natürlich geht es auch um Arbeitsplätze und Standorte, da wird wohl sehr bald hartnäckig verhandelt werden, von Arbeitsplatzgarantien ist in ersten Informationen keine Rede. Die Opel-Beschäftigten werden künftig lieber für PSA arbeiten - als gar nicht. Und es geht auch um Vauxhall in Großbritannien, das für PSA den ganzen Deal angenehm abrundet, trotz Brexit.

Der von Carlos Tavares wieder in die Spur gehobene PSA-Konzern wächst mit der Akquise von Opel in eine neue Dimension hinein, wird die Nummer Zwei in Europa und zum Widerpart von Renault/Nissan/Dacia/Alpine. Zudem vollzieht sich ein weiterer Schritt zur dichteren Konzentration in der Auto-Industrie. Alles in einer Zeit des Umbruchs und der 4.0-Revolution in der Autoindustrie. Ein Solo für Opel war für alle Beteiligten keine Option. Und vielleicht fischt sich der PSA-Lenker und -Denker Carlos Tavares Saab noch aus dem großen Teich der alten Marken. Der Portugiese könnte damit bei allen Individualisten viele Pluspunkte einsammeln. Aber jetzt ist er zunächst mit Opel beschäftigt. Nur - wie lange? Denn Tavares ist auch ob seiner Ruhelosigkeit bekannt. Und weshalb fällt uns jetzt noch Carlos Ghosn ein?

Wolfgang Peters / mid

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