Historie

100 Jahre Mitsubishi Automobile: Ein Samurai als Gründer

Mitsubishi gehört zu den asiatischen Vorreitern im Automobilbau. Trotz wechselhaft erfolgreicher Geschichte hat die Marke immer wieder für innovative Neuerungen gesorgt. Der Kompaktwagen Colt, das Erfolgsmodell Galant und das Allrad-Urgestein Pajero sowie das Plugin-Hybrid-SUV Outlander haben automobile Geschichte geschrieben. Ein Rückblick, der Erwartungen weckt.


Die asiatische Version einer Unternehmensgründung liest sich so: Es war einmal ein Samurai, der nach der erzwungenen Öffnung der japanischen Häfen durch einen portugiesischen Kapitän die Bedeutung des Handels und der Seefahrt entdeckte. Darauf gründete Yataro Iwasaki im Jahr 1870 ein Handelshaus und begann mit dem Warentausch. Er charterte drei Dampfschiffe und schipperte mit ihnen durch das chinesische Meer und brachte es zu Erfolg und Wohlstand. Damit legte er den Grundstein für einen der größten Konzerne Japans, Mitsubishi.

Baugewerbe, Transportdienstleistungen, Werften, Iwasaki hatte ein glückliches Händchen als er sein Unternehmen um neue Geschäftszweige erweiterte. Und auch seine Nachfolger verstanden es, erfolgreich zu wirtschaften. So reiften bald die Pläne, ganz nach westlichem Vorbild Automobile zu bauen. 1917 rollte der erste Wagen aus den hölzernen Hallen der Werkstätten, "Model A" wurde er schlicht getauft und im Folgenden in einer Auflage von stolzen 22 Exemplaren produziert. Genug, um Mitsubishi den Titel als Hersteller des ersten Serienautomobils in Japan zu sichern.

Die siebensitzige Limousine wurde von einem 2,8-Liter-Vierzylindermotor angetrieben, der 25 kW/34 PS leistete und die atemraubende Höchstgeschwindigkeit von 32 km/h möglich machte. Seine Karosserie wurde aus lackiertem Zypressenholz hergestellt. Auch bei der Diesel-Entwicklung hatte die Marke mit den drei Diamanten im Logo die Nase vorn. 1931 präsentierte Mitsubishi den ersten Selbstzünder mit Direkteinspritzung, drei Jahre darauf wurde der PX33 entwickelt, ein allradgetriebener Personenwagen, von dem auch ein Prototyp mit Dieselmotor entstand. Nicht zu Unrecht sagt der Hersteller heute, der PX33 sei Urahn der heute so erfolgreichen Gattung der SUV. Ist doch ein halbes Jahrhundert darauf aus seinen Genen 1982 die Allrad-Ikone Pajero entstanden, die zu einem der erfolgreichsten Mitsubishi-Modelle bei Privatkunden wurde und im Motorsport mit unglaublichen zwölf Siegen bei dem anspruchsvollen Langstreckenrennen Paris-Dakar glänzen konnte.

Der Konzern diversifizierte immer weiter. Mitsubishi Electric, die Mitsubishi Bank und andere Sparten entstanden unter dem Dach der Mitsubishi Corporation, für den Schiffs- Flugzeug- und Automobilbau war Mitsubishi Heavy Industrie zuständig. Nach dem zweiten Weltkrieg jedoch wurde das Konstrukt zerschlagen, jedes Unternehmen bekam eine eigene Identität und sollte unabhängig wirtschaften können. Was offiziell auch der Fall war, hinter den Kulissen jedoch zogen nach wie vor die obersten Vorstände der Corporation die Fäden. Sie lösten die Automobilproduktion als Mitsubishi Motors Corporation schließlich aus dem Schwerindustriezweig heraus und stellten sie 1970 auf eigene Beine.

Nach Deutschland brachte der Rüsselsheimer Geschäftsmann Hanns Trapp-Dries die Diamanten-Marke. Nachdem er mit einem NSU Autohaus und als Nissan-Importeur zu wenig Potenzial dieser Marken erkannt zu haben glaubte, stellte er 1977 die MMC Auto Deutschland GmbH auf die Beine und brachte sie nach schlauen Verhandlungen in Geinsheim, einem Bauerndorf 20 Kilometer südlich des Mains, in großzügigen Bürogebäuden und einem zentralen Ersatzteillager unter. Colt, Lancer und Galant wurden bald zu den wichtigsten Standbeinen, Baureihen wie Space Star oder Space Wagon und natürlich der Pajero ließen die Zulassungen sprunghaft ansteigen.

Um die 100.000 Einheiten verkaufte das Unternehmen im Jahr, wer die Nutzfahrzeuge dazu rechnete, zählte nochmals mehr. Die Importkontingente für japanische Autos waren jedoch begrenzt, die Einfuhrzölle hoch und für weiteres Wachstum wurde in Geinsheim dringend nach einer Lösung gesucht. Die fand sich im Sportcoupé Eclipse, das einer Kooperation von Mitsubishi Motors und Chrysler entstammte und in Amerika gebaut wurde. Der flache 2+2-Sitzer brachte es auf erkleckliche Stückzahlen, ebenso wie der aus gleichen Gründen aus Australien importierte Mitsubishi Sigma, eine Limousine oder ein Kombi der gehobenen Mittelklasse, die als erste überhaupt den Vergleichstest einer Fachzeitschrift mit einem deutschen Premium-Fahrzeug gewinnen konnte. Technologieträger der 1990er Jahre war der 3000 GT, ein rassiger Sportwagen mit Allradlenkung, verstellbarem Heckflügel und Auspuffklappensystem, der für reichlich Aufsehen sorgte.

Gewinnen konnte auch der Lancer Evo, der auf Basis einer braven Kompakt-Limousine mit Turboaufladung und Allradantrieb zum heißblütigen Wettbewerbsfahrzeug mit Straßenzulassung erstarkte und gleich dreimal die Rallye-Weltmeisterschaft gewann. Doch die Marke erkannte früh, dass die ferne Zukunft der Mobilität elektrisch sein wird. Bereits 1971 entwickelte Mitsubishi das Minca EV, es dauerte bis 2009, bis die Elektrotechnik des Antriebs in einem Großserien-Kleinwagen, dem i-MIEV verwirklicht werden konnte. Unterdessen kam es zur Asien-Krise, auch die gescheiterten Allianzen mit Chrysler und Daimler schwächten Mitsubishi Motors wirtschaftlich. Die Produkte galten als überaltert, das Modellangebot schrumpfte und in Deutschland sank der Marktanteil auf deutlich unter ein Prozent.

Doch die Strategie der nachhaltigen Mobilität trägt Früchte. Seit 2013 ist das SUV Outlander als Plug-in Hybrid auf dem Markt, das erste seiner Art und gleich mit mehreren Auszeichnungen bedacht. Die Basisversion ist kaum teurer als ein Toyota Prius mit gleicher Antriebstechnik, aber viel funktionaler. Und die nächste Stufe zünden die Japaner gerade. Auf dem Automobilsalon in Genf debütiert das Kompakt-SUV Eclipse Cross mit elektrischem Antrieb. Der Serienstart dürfte zwar noch etwas auf sich warten lassen, aber Mitsubishi ist dabei, die Modellpalette konsequent umzubauen. Zu der zählen aktuell der Kleinwagen Space Star, das Kompaktauto Lancer und - immer noch - das Allrad-Urgestein Pajero. Der ASX übernimmt die Rolle eines Crossover-SUV, der Outlander deckt den mittleren Bereich des immer noch steigenden Marktsegments ab. Für Freizeit und Gewerbe bietet sich schließlich der Pickup L200 an, der mittlerweile auch vom Kooperationspartner Fiat unter dem Namen Fullback auf den Markt gebracht wurde.

Heute sitzt Nissan mit in der Chefetage bei Mitsubishi Motors, rund 30 Prozent der Anteile hat die Konkurrenz-Marke im vorigen Jahr übernommen. Öfter tot gesagt, beweist der älteste Serienautobauer Japans jedoch beharrliches Stehvermögen. Die Qualität der Produkte mag dafür verantwortlich sein. Im Index der Kundenzufriedenheit von J.D. Powers steht Mitsubishi vor anderen Anbietern wie Peugeot, Renault, Mazda oder Honda auf Platz eins. Was sich auch in der immensen und immer wieder zweistelligen Wachstumsrate in Deutschland niederschlägt. Die Marke mit den drei Diamanten ist zurück und weckt erneut hohe Erwartungen.

Michael Kirchberger

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