Fahrradbeleuchtung: Lichte Momente der Velogeschichte - Von der Öl-Funzel zum Hightech-Strahler

In seiner fast 200-jährigen Geschichte hat sich die Technik des Fahrrads oft radikal gewandelt. Das Licht wurde dabei meist stiefmütterlich behandelt. Neue Techniken und Gesetze haben in jüngerer Vergangenheit jedoch für große Entwicklungssprünge gesorgt.

Der Geburt des Fahrrads ging eine globale Verdunklung voraus. Der indonesische Vulkan Tambora stieß 1815 gewaltige Mengen Staub in die Erdatmosphäre und sorgte so für eine deutlich geminderte Sonneneinstrahlung. Im Sommer 1816 folgten großen Missernten große Hungersnöte. Der aufgrund von Futtermangel sinkende Pferdebestand brachte Karl Drais 1817 auf die Idee seiner legendären Laufmaschine. An Luxus wie Licht hatte der badische Erfinder damals noch nicht gedacht.
 
Erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts, als das Radfahren in Mode kam, bekam auch die Beleuchtung einen größeren Stellenwert. Um 1885 waren viele speziell für den Einsatz an Räder entwickelte Öllaternen, wie etwa die Hub Lamp, verfügbar. Diese Öllampe hängte man einst an die Achse von Hochrädern, wodurch die Fallhöhe für die empfindlichen Leuchten niedrig war und sich zugleich die Nase des Fahrers weit über der Rußfahne befand.
 
Zu jener Zeit wurde bereits an elektrischen Beleuchtungslösungen gearbeitet, doch vorerst kam die große Zeit der Karbid-Lampen. Bis heute werden diese Brenner von Höhlenforschern eingesetzt; zu jener Zeit müssen sie heller als alles andere gewesen sein. Doch ab den 1920er-Jahren setzte sich die deutlich wartungsärmere Dynamobeleuchtung durch und verdrängte die vergleichsweise komplizierte Verbrennung von Calciumcarbid.
 
Sehr lange blieb das Dynamolicht der Standard, der vielen Radfahrern vor allem mit seinen Unzulänglichkeiten in eher unschöner Erinnerung sein dürfte. Vor allem der meist übliche Seitenläuferdynamo, der dank Federspannung an die Reifenflanke drückt, hatte seine Tücken. Die Stromgeneratoren haben mit deutlicher Bremswirkung, schwankender Stromstärke und Problemen bei Nässe und Schnee vor allem genervt. Die Lichtausbeute war zudem meist dürftig.
 
Eine bessere Lichtmaschine kam mit dem unter dem Tretlager befestigten Walzendynamo. Vor allem bei hochwertigen Touren- und Reiserädern wurde dieser innovativ angebrachte Stromerzeuger montiert, der sich dann oft sogar vom Lenker aus aktivieren ließ. Doch die Metallwalzen verlangten ebenfalls nach viel Muskelkraft und waren zudem schnell verschlissen. Ende der 1990er-Jahre kamen die störungssichereren Speichendynamos in Mode, doch auch ihnen war eine nur kurze Boomzeit vergönnt. Letztlich war bei diesen Stromerzeugern der Wirkungsgrad zu gering.
 
Die Wende brachte die Entwicklung des Nabendynamos, ein Prinzip, das bald von zahlreichen Herstellern dankbar übernommen wurde. Diese Entwicklung war ein Meilenstein. Die ausfallsichere und widerstandsarme Lichtmaschine in der Laufradmitte bestimmte seit der Jahrtausendwende das Bild am Qualitätsfahrrad, allerdings nicht überall: ,,An E-Bikes mit Frontmotor musste nach wie vor ein Seitenläufer montiert werden", erklärt Anja Knaus vom Pedelec-Pionier Flyer, ,,erst mit den neuen Beleuchtungsvorschriften der StVZO vom Juli 2013 änderte sich das, denn nun konnte der Strom fürs Licht aus dem Akku des Motors kommen."
 
Und noch eine wichtige Neuerung trat 2013 in Kraft: Waren bisher nur Rennräder bis zu einem Gewicht von elf Kilogramm von der Dynamopflicht ausgenommen, muss fortan kein Rad mehr eine Lichtmaschine aufweisen. ,,Erlaubt sind nun auch Akkuleuchten, insofern sie StVZO-konform sind, was man an K-Nummer und Wellenlinie erkennt", erklärt Sebastian Göttling vom Licht-Spezialisten Busch & Müller, der Akkuscheinwerfer genauso wie Dynamobeleuchtung anbietet.
 
Was die Lichtmenge betraf, verlangte der Gesetzgeber noch nie viel: ,,1985 mussten Halogenleuchten eine Beleuchtungsstärke von sieben Lux aufweisen, solche mit Glühlampen sogar nur vier Lux", erinnert sich Göttling. ,,Erst 2003 trat die sogenannte Zehn-Lux-Regelung in Kraft, die zu jener Zeit den Stand der Technik abbildete."

Zur Jahrtausendwende waren Leuchtdioden (LED) zwar hell genug für Rücklichter, nicht jedoch für Frontleuchten. Eine Akkuleuchte mit 20 Lux Beleuchtungsstärke war bereits etwas Besonderes. Die ,,Big Bang" von Busch & Müller, die Ende 2006 vorgestellt wurde, war daher eine Sensation: Die Gasentladungslampe leuchtete mit 130 Lux so hell wie Xenon-Licht am Auto. Dazu besaß sie die Zulassung nach StVZO, während helle Fahrradscheinwerfer bis dahin meist als Campingleuchten deklariert verkauft wurden. Mit 650 Euro war dieser extrem helle Strahler auch sehr kostspielig.
 
2007 stellte eine neue Technologie die Weichen für eine neue Ära der Radbeleuchtung: Unter dem Namen ,,IQ Tec" (,,Indirekte Quelle") brachten die Lichtspezialisten einen Diodenstrahler auf den Markt, bei dem die Lichtquelle in einen Reflektor hinein statt aus ihm heraus leuchtete. Das Ergebnis war eine Lampe, die eine Beleuchtungsstärke von 40 Lux bot - bis dato die hellste Dynamobeleuchtung überhaupt. In der Folgezeit wurde das Prinzip auf Akkuleuchten übertragen, dazu wurden die IQ-Tec-Strahler immer heller und preiswerter. Das günstigste Modell für Dynamobetrieb mit 30 Lux kostet derzeit knapp 35 Euro, eine entsprechend helle Akkuleuchte 40 Euro.
 
Am anderen Ende des Spektrums wurde jüngst auf der Eurobike 2016 eine Akkuleuchte namens Ixon Space' vorgestellt. Sie bringt 150 Lux auf die Straße und wird dabei nicht mal ein Drittel der Gasentladungslampe kosten. Weitere Vorteile aktueller Technologien sind neben Kompaktheit und legaler Leuchtstärke auch standardisierte USB-Ladekabel. Neu ist auch die Möglichkeit, das Fahrradlicht als Powerbank, sprich Ersatzbatterie für Smartphones zu nutzen. Dies ermöglicht etwa auch der rund 80 Euro teure Frontscheinwerfer LV2 vom Zubehörhersteller Voxom.
 
Neu für das Modelljahr 2017 stattet Koga zwei seiner E-Bike-Reihen mit einer ,,V-Light" genannten Technologie aus: Mittels Laser wird hinter dem Rad ein mitfahrendes V auf den Boden projiziert. ,,So erzeugen wir einen optischen Sicherheitsbereich, der die Sicherheit der Radfahrer spürbar erhöht", erklärt Harald Troost von niederländischen Hersteller Koga. Die Funktion ist Bestandteil des Rücklichts, das bei Koga-Rädern mit Ion-Antrieb in den im Gepäckträger positionierten Akku integriert ist.
 
Die Idee der Projektion eines Sicherheitsbereichs hatte auch für den Klappradspezialisten Tern bei der Entwicklung des Vizy Light genannten Rücklichts Priorität im Lastenheft. Diese LED-Rückleuchte schafft sogar eine 360-Grad-Rundum-Schutzzone um das Rad. Zugleich beleuchtet das Vizy Light Fahrer und Rad, was eine erhöhte Sichtbarkeit gewährleisten soll.
 
So nützlich und hilfreich die neue Leuchtkraft am Fahrrad ist, wird es immer wichtiger, dass sie auch richtig eingestellt ist. ,,Moderne Scheinwerfer können den Gegenverkehr sehr stark blenden", so Sebastian Göttling. ,,Wir empfehlen darum, den hellsten Punkt etwa zehn Meter vor dem Rad auf der Straße einzustellen, dann sind alle auf der sicheren Seite.
 

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