Automobilindustrie

Auto-Visionen: Magische Momente für die Marke

Jeder Autobauer träumt von magischen Momenten für die Geschichtsbücher. Bei VW ist das der Golf, BMW ist im Zeichen des 'M' unterwegs und Mercedes hat die Silberpfeile. Sportwagenbauer Porsche setzt auf den Mythos Le Mans. Nach dem Doppelsieg in diesem Jahr haben die Stuttgarter ihr Engagement jetzt bis zum Saisonende 2019 verlängert. Was steckt dahinter?


Jeder Autobauer träumt von magischen Momenten. Von Erfindungen, Entwicklungen oder Erfolgen, die für immer in den Geschichtsbüchern festgehalten werden. Bei VW ist das sicher der Golf, der schon seit mehr als 40 Jahren als Marke ein Begriff und ein Kult-Objekt auf der ganzen Welt ist. BMW sorgt seit 1972 mit seinen "M"-Modellen für Furore. Der Buchstabe steht nicht für München, sondern für Leistung und Sportlichkeit der Motorsport GmbH.

Und Mercedes-Benz gelangt 1934 eher aus Zufall mit dem Silberpfeil zu Weltruhm. Weil die Rennwagen der Stuttgarter vor dem Eifelrennen "abspecken" müssen, ist plötzlich der Lack ab - und das im wahrsten Sinne des Wortes: Durch diesen Trick und nach langer Nachtarbeit passt das Gewicht, und der Mercedes glänzt jetzt silbern. Es ist die Geburt einer Rennsport-Legende, die bis heute unter diesem Namen in der Formel 1 von Sieg zu Sieg eilt.

Auch Sportwagenbauer Porsche hat seine magischen Momente - auf der Straße und auf der Rennstrecke. Für viele Auto-Liebhaber hat die Erfindung des 911er historische Bedeutung. Dieser außergewöhnliche Sportwagen ist längst nicht nur den eingefleischten Porsche-Fans ans Herz gewachsen ist. Auf der anderen Seite sind natürlich auch die vielen Erfolge in Le Mans. Das berühmteste Langstreckenrennen der Welt, über das sogar die Traum-Fabrik Hollywood einige rasante Filme produziert hat, ist untrennbar mit dem Namen "Porsche" verbunden.

Die eindrucksvolle Siegesserie in Le Mans begann 1970. Damals gewannen Hans Herrmann und Richard Attwood mit einem 917 Kurzheck. Die erfolgreichsten Porsche-Piloten bei dem Klassiker an der Sarthe sind Jacky Ickx und Derek Bell mit jeweils vier Siegen. Ein Meilenstein in der Le-Mans-Geschichte war auch der Streckenrekord, mit dem sich Jackie Oliver 1971 im Qualifying die Pole Position sicherte: Mit dem Porsche 917 Langheck Coupe umrundete er den damals 13,469 Kilometer langen Kurs in 3.13,9 Minuten - das war ein sagenhafter Schnitt von 250,069 km/h.

Und die Legende lebt weiter. Vor einem Jahr kehrte Porsche nach einer 17-jährigen Auszeit nach Le Mans zurück. Beim Comeback überzeugte der 919 Hybrid auf Anhieb, der Sieg ging allerdings noch einmal an den deutschen Konkurrenten Audi. Doch in diesem Jahr schlugen die Schwaben zurück - und wie: Mit einem Doppelsieg sorgte Porsche für großes Aufsehen. Da kann man in der Tat von einem magischen Moment sprechen.

Da ist es nur allzu verständlich, wenn in Stuttgart-Zuffenhausen die Weichen in die Zukunft gestellt werden. Deshalb hat der Porsche-Vorstand jetzt die Fortsetzung des Engagements mit dem Le-Mans-Prototypen bis zum Ende der Saison 2018 beschlossen. Der fast 1.000 PS starke Rennwagen soll nicht nur Siege einfahren, sonder auch als Technologieträger für künftige Straßensportwagen dienen. Die Porsche-Strategen sprechen stolz von einem wegweisenden Konzept: Der 919 Hybrid kombiniere Downsizing-Turbomotor und leistungsstarke Energierückgewinnungssysteme mit extremem Leichtbau.

"Der Rennsport ist ein wichtiger Teil der Markenidentität von Porsche, allerdings nicht als Selbstzweck, sondern mit einem Technologieauftrag für zukünftige Straßenfahrzeuge", betont Matthias Müller, der Vorstandsvorsitzende der Porsche AG. Es das revolutionäre Effizienz-Reglement gewesen, das den Autobauer zur Rückkehr in den Spitzenmotorsport bewogen habe. "Dass wir mit unserem ebenso innovativen wie komplexen 919 bereits 2015 als Doppelsieger in Le Mans die Kronjuwelen des Langstreckensports holen konnten, stellt der Mannschaft im Entwicklungszentrum Weissach ein hervorragendes Zeugnis aus." Der Wettbewerb auf der Rennstrecke trage somit Früchte - und der Sportwagenhersteller nun weiteres Synergie-Potenzial. "Deshalb verlängern wir das Programm", so Matthias Müller.

Das Reglement des Automobil-Weltverbandes (FIA) für die Langstrecken-Weltmeisterschaft schreibt für werkseitig eingesetzte Le-Mans-Prototypen der Klasse 1 (LMP1) eine sogenannte "Hybridisierung" vor und begrenzt die pro Runde zur Verfügung stehende Energiemenge aus Kraftstoff und Strom. Der über 500 PS starke Zweiliter-Vierzylinder-Turbo-Benzinmotor ist laut Forschungs- und Entwicklungsvorstand Wolfgang Hatz das effizienteste Triebwerk, das Porsche bislang gebaut hat. Und die Energie-Rückgewinnungssysteme seien die umsatzstärksten im gesamten Starterfeld. "Kein anderer Hersteller kann bislang acht Megajoule elektrische Energie auf einer Runde in Le Mans bereitstellen", so Hatz.

Alles habe 2012 in Weissach mit einer Handvoll Leute, einem weißen Blatt Papier, großen Erwartungen und einer gehörigen Portion Mut angefangen, sagt Fritz Enzinger, der Leitet LMP1: "Ich bin sehr stolz auf diese mittlerweile 230 Mitarbeiter zählende Mannschaft und freue mich für jeden einzelnen, dass wir nun Planungssicherheit für weitere drei Weltmeisterschaften und drei Le-Mans-Einsätze haben."

Ralf Loweg

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