Tesla in Deutschland - Auf dem Weg

Der amerikanische Luxus-E-Auto-Anbieter Tesla gewinnt auch in Deutschland rasant Kunden. Im März konnte er sogar zwei Platzhirsche in seinem Segment in die Schranken weisen. Den Kunden wird jede Menge Leistung geboten.

Bei aller Offenheit für neue Technologien ist man als Autofahrer ja doch konditioniert: Wenn 700 PS den Gasbefehl ,,Kickdown" umsetzen, erwartet man ein infernalisches Trompeten, ein kerniges Röhren oder zumindest ein vollmundiges Dröhnen. Wenn es wenige Sekunden ,,Sssssssst" macht und man sich auf der linken Autobahnspur wieder findet, ist das zu Anfang leicht irritierend. Ein solches Erlebnis hatten auch 211 Autokäufer im März zum ersten Mal mit ihrem Neuwagen. So viele Model S - nicht alle mit 700 PS - hat Elektroauto-Hersteller Tesla im vergangenen Monat in Deutschland ausgeliefert.

Für den amerikanischen Hersteller ist das ein Rekord, der Deutschland-Chef Philipp Schröder noch etwas besser schmeckt, weil von zwei selbstgewählten Konkurrenten BMW 7er und Porsche Panamera im März deutlich weniger Exemplare verkauft wurden (170 bzw. 153 Stück) als von seiner elektrischen Oberklasse-Limousine. 1.500 Model S fahren nach seiner Aussage derzeit auf deutschen Straßen. Im vergangenen Jahr konnte Tesla 815 Neuzulassungen für sich verbuchen, 2013 (Verkaufsstart August) waren es 183. Noch in diesem Jahr scheint Tesla ernsthaft ins Flottengeschäft einsteigen zu wollen: Derzeit befindet sich eine eigene Leasinggesellschaft im Aufbau, die Geschäftskunden Angebote liefern soll.

In diesen Tagen werden die ersten Allrad-Versionen des Elektroautos ausgeliefert. Zwei Elektromotoren treiben das Model S dann an, einer an der Vorder- einer an der Hinterachse. Mehr Leistung und schnellere Beschleunigungswerte liefern die Allrad-Versionen - bei gleichzeitig besserer Effizienz: Während herkömmliche Allrad-Antriebe, unter anderem durch das größere Gewicht, üblicherweise mehr verbrauchen, kann die Steuerung des Model S laut Tesla die beiden Motoren nun so effizient einsetzen, dass die Reichweite - bei einem E-Auto zählt fast jeder Kilometer - nicht eingeschränkt beziehungsweise sogar um 22 Kilometer erhöht wird.

70 Prozent der Verkäufe sind laut Schröder derzeit Allrad-Modelle - was sicherlich auch daran liegt, dass die Basisversion mit Hinterradantrieb Model S 60 wegen zu wenig Verkäufen ersetzt worden ist: Neues, mit 75.800 Euro auch teureres Einstiegsmodell ist nun der 70D (D steht für ,,Dual Motor", 70 ist die Akkukapazität in kWh), der mit Allradantrieb, mehr Leistung (246 kW/334 PS) und höherer Reichweite (442 km) ein besserer Gesamtpaket liefern soll. Nur beim Model S 85 kann man noch zwischen Hinterradantrieb und Allrad wählen.

Dem Performance-Modell P85D (106.100 Euro) hat das neuste Update einen Leistungsschub auf 515 kW/700 PS verpasst: Die rund fünf Meter lange Limousine sprintet in 3,3 Sekunden aus dem Stand auf 100 km/h. Das liegt fast auf dem Niveau der Allrader Porsche 911 Turbo (3,2 s mit PDK) oder Lamborghini Huracán (3,2 s). ,,Wahnsinns"-Modus nennt Tesla das - dafür gibt es tatsächlich eine Schaltfläche im Untermenü auf dem riesigen Touchscreen, auf der nicht - wie andernorts - ,,Sport plus" oder ähnliches, sondern ,,Wahnsinn" steht.

Wer den Wahnsinn dauerhaft betreibt, dürfte alsbald einen der 35 Supercharger ansteuern müssen, die Tesla bis dato in Deutschland aufgestellt hat. Dort können die Kunden kostenlos laden. 150 der Schnellladestationen, in denen ein Model S in 20 Minuten etwas über die Hälfte aufgeladen ist, gibt es europaweit - von Nord-Norwegen bis Südfrankreich. Bis Ende 2015 will Tesla das Netzwerk bis auf die Spanische Halbinsel, nach Süditalien, Osteuropa sowie Finnland ausdehnen. 

Aber auch in Deutschland - als ,,Drehscheibe für den europäischen Verkehr" - sollen noch in diesem Jahr weitere Supercharger entstehen, immerhin werden etwa die Hälfte der Ladevorgänge an deutschen Säulen von ausländischen Tesla-Fahrern getätigt. Zwei bis drei Schnellladestationen pro Monat werden laut Schröder 2015 eröffnet. Während heute ein Großteil der Kunden noch hauptsächlich zu Hause lädt, dürfte sich dann auch die Auslastung der Ladesäulen erhöhen. Das scheint auch nötig. Um den 85 kWh-Akku an einer Haushaltssteckdose aufzuladen, muss die Limousine nämlich fast 30 Stunden in der Garage bleiben. Abseits der Supercharger-Standorte dauert es demnach gute drei Stunden, um Strom für knappe 200 Kilometer nachzuladen, wobei die 200 Kilometer mit dem Normverbrauch von etwas über 17 kWh berechnet sind. Im Alltag verbraucht die Limousine, wie jedes Auto, zum Teil deutlich mehr.

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