Fahrbericht: Can-Am Spyder F3 - Cruiser auf drei Rädern

Mit seinem neuen Can-Am Spyder F3 spricht der kanadische Bombardier-Konzern erstmals die Cruiser-Fans an - mit entspannter Sitzposition und vorverlegten Fußrasten. Zum Fahren genügt ein Autoführerschein von vor dem 19. Januar 2013.

Manche Vehikel haben mit Vorurteilen zu kämpfen. Zum Beispiel motorisierte Dreiräder. Je nach Hersteller haben sie zwei Räder an Vorder- oder Hinterachse und sind somit ein Mittelding aus Auto und Bike. Der kanadische Bombardier-Konzern, hervorgegangen 1942 aus dem Bau von Schneemobilen, setzt seit 2008 auf die ganz eigene Dreirad-Dynamik. Seine Can-Am Spyder haben dank breiter Vorderachse jede Menge Grip, hinten treibt ein 225er Autoreifen das Dreirad an. Nach betont sportlichen und reisetauglichen Modellen soll ab sofort der Can-Am Spyder F3 die Freunde von Cruisern bedienen. Die entspannte Sitzposition mit leicht nach vorne gebeugtem Oberkörper und fast ausgestreckten Armen und Beinen lässt sich vielfach auf unterschiedliche Körpergrößen einstellen. Cruiser-Fans soll der F3 mit hoher Fahrdynamik und Sicherheit überzeugen, die Preise beginnen bei 18.890 Euro.

Rechts ein Gasgriff am Lenker, links die Tasten einer Halbautomatik zum Rauf- und Runterschalten. An der linken Fußraste nichts, rechts ein Bremspedal. So bedient man die Mischung aus leistungsstarkem Roadster á la Porsche Boxster und hyperagilem Supermoto-Zweirad. Der Pilot eines Can-Am Spyder F3 hängt mit ganzem Körper im Fahrtwind, freut sich dank breiter Vorderachse über reichlich Grip vorn und berechenbare Drifts mit leicht durchdrehendem Antriebsrad hinten - jedoch immer nur so weit, wie es die Sicherheitssysteme von Bosch zulassen. Das Stabilitätskontrollsystem SCS arbeitet wie ESP beim Auto, das Traktionskontrollsystem TCS verhindert Leistungseinsatz oberhalb der übertragbaren Antriebskräfte, ABS beugt Bremsblockaden vor. Das Fenster bis zum Einsatz der Systeme erlaubt leichte Driftwinkel, die die möglichen hohen Kurventempi mit einem großen Schuss Fahrspaß würzen.

Wer keinen Motorrad-Führerschein hat, oder sich nicht mehr auf die Schräglagen eines Zweirads einlassen möchte, kann sich durchaus auf eine Testfahrt mit einem Motor-Dreirad wie den Can-Am Spyder einlassen. Zum Fahren genügt in Deutschland ein Autoführerschein von vor dem 19. Januar 2013. Ein überzeugter Biker wird hier immer die Schräglage eines Motorrads vermissen, ebenso die Möglichkeit des Schlängelns durch Engstellen oder des problemlosen Parkens. Aber: Die extreme Fahrdynamik macht Spaß, die Sicherheitsreserven sind groß, Stauraum ist auch vorhanden. Und Beifahrer findet man fürs kippsichere Dreirad leichter, als für so manchen heißen Ofen mit nur zwei Rädern.

Für flotten Vortrieb sorgt beim Spyder F3 der 1,3-Liter-Dreizylinder von Bombardiers Konzerntochter Rotax. Der Reihen-Triple verwöhnt mit dem kräftigen Durchzug von immerhin 130 Nm Drehmoment, 86 kW/115 PS Leistung und dem charakteristischen Dreizylinder-Sound, den Fans zum Beispiel auch an einer Triumph Speed Triple schätzen. In nur 4,8 s katapultiert der Rotax-Antrieb das trocken 386 kg schwere Dreirad auf hundert km/h - das ist zwar um gut eineinhalb Sekunden langsamer als besagtes Triumph-Zweirad, aber immerhin exakt so schnell wie ein aktueller Porsche 911 Carrera.

Die Auswahl zwischen sechs Gängen erfolgt wahlweise manuell oder halbautomatisch. Gerade beim Cruiser F3 empfiehlt sich die Semi-Automatik, die beim Wechseln in niedrigere Gänge von selbst Zwischengas gibt und beim Hochschalten unter Last keine wesentliche Zugkraftunterbrechung spüren lässt. Fürs Fahrverhalten seines neuen F3 hat Can-Am die Erfahrungen mit seinen bisherigen Spyder-Modellen RS (Sportler), RT (Tourer) und ST (Tourensportler) einfließen lassen. Das Chassis ist um 40 Prozent steifer geworden, und dank der neuen Sitzposition mit nahezu gestreckten Beinen kann der Pilot stärker als bisher mit den Oberschenkeln lenken und so die Arme entlasten. Die müssen wegen der hohen Kurventempi und trotz dynamischer Servolenkung ganz schön Kraft aufwenden. Die Fahrtechnik mit ausgestrecktem kurvenäußerem Arm erleichtert mit der Zeit den heißen Kurvenritt mit dem Spyder F3, wie unsere ersten Testfahrten auf Mallorca gezeigt haben - unter anderem auf der extrem kurvigen Passstraße Coll de Sóller.

Drei Ausstattungspakete sollen unterschiedliche Fahrertypen bedienen. Dank des sogenannten UFIT-Systems lassen sich die Dreirad-Cruiser auf Körpergrößen zwischen 1,56 und 1,86 m optimal einstellen. Und selbst mit zwei Metern Länge hat man bequem Platz auf dem rasanten Spyder F3. Den Coolness-Faktor möchte Can-Am noch mit Kleidungs-Kollektionen unterstützen, was im Hinblick auf die meist männliche, über 40jährige Kundschaft auch gelingen kann - zumindest im Falle von nicht-Bikern.
Steckbrief Can-Am Spyder F3
Motor: Wassergekühlter Dreizylinder-Viertakt-Reihenmotor, Hubraum 1.330 ccm, Leistung 86 kW/115 PS, Drehmoment 130 Nm, Sechsganggetriebe (manuell oder halbautomatisch), Riemenantrieb.
Fahrwerk: Rohrrahmen, vorne doppelter Dreieckslenker mit Stabilisator, hinten Schwingarm mit Zentralfederbein; fußbetätigtes, hydraulisches Dreischeiben-Bremssystem, vorn Doppelscheibenbremse 270 mm, hinten Einscheibenbremse 270 mm, elektromechanische Feststellbremse, ABS serienmäßig.
Maße und Gewichte: Gesamtlänge 2,64 m, Sitzhöhe 67,5 cm, Stauraum 24,4 Liter, Trockengewicht  386 kg, Tankinhalt 27 Liter.
Messwerte: Höchstgeschwindigkeit 180 km/h, Beschleunigung 0 - 100 km/h: 4,8 sek, Verbrauch: 6,6 l/100 km, Reichweite: 406 km.
Preis: 18.899 Euro.

auch in MOTORRAD

Anzeige

Videos