Opel Karl - Nettes Kerlchen, das Karlchen

Mit dem Karl wollen die Opel-Verantwortlichen eine Duftmarke in der Budget-Fahrzeug-Liga setzen. Dennoch müssen die Kunden nicht auf Hightech verzichten. Vom Antrieb geht dieser allerdings nicht aus.

Bei der jüngsten Modell-Neuerscheinung aus dem Hause Opel nehmen die Marketing-Verantwortlichen die Vokabel ,,Lifestyle" ausnahmsweise einmal nicht in den Mund. Der auf den alten deutschen Namen Karl hörende Stadtzwerg mag ja vieles sein - stylisch mutet er nicht an, auch wenn ihm einige speziellen Sicken in den Flanken eine individuelle Note verleihen. Stattdessen könnte er die Herzen mit seinem sympathisch lächelnden Gesicht erobern, womöglich werden viele weibliche Kunden zuschlagen. Und natürlich ist der Kleine generell etwas für Neuwagen-Interessenten mit begrenztem Budget. Schon ab 9.500 Euro wird der 55 kW/75 PS starke Winzling angeboten, der von seinem Genom her betrachtet ein richtiges Weltauto ist. Die Plattform stammt nämlich aus den tiefen der General-Motors-Regale und so ist der Karl verwandt mit dem Chevrolet Spark. Kein Wunder, dass Opelvgerne ehemalige Chevy-Käufer als potenzielle Kunden anführt. Doch auch ehemalige Agila-Fahrer werden in Versuchung geführt, wenngleich der Karl locker 11 Zentimeter höher baut und damit ein gänzlich anderes Konzept darstellt. Gebaut wird er übrigens in Südkorea.

Allerdings haben die Gestalter und Innenarchitekten ganze Arbeit geleistet und dafür gesorgt, dass da ein echter Opel auf den Rädern steht. Stimmt, selbst Kenner würden den Kleinstwagen nicht als Fremdprodukt abstempeln. Das Cockpit repräsentiert die aktuelle Generation und erinnert an den Corsa E. Eine Sitzprobe bescheinigt dem Floh ein angemessenes Platzangebot - sogar hinten gibt es verhältnismäßig viel Bein- und Kopffreiheit. Bei den Materialien stehen die Zeichen selbstredend auf günstig anmutendem Kunststoff, aber das geht in diesem Segment in Ordnung. Im Gegensatz dazu erstaunt es geradezu, welche Optionen in der Preisliste zu finden sind. Da tauchen Posten wie Digitalradio, Lenkradheizung und Tempomat auf. Und da gibt es Assistenten wie eine Berg-Anfahrhilfe oder Spurhalte-Warner. Und auch wenn all das den Wettbewerb noch nicht schockt - mit einem Gimmick könnte Opel doch noch schaffen, seine Mitstreiter ein bisschen zu ärgern: So startet mit ,,Onstar" demnächst ein Dienst, bei dem der Fahrer auf Knopfdruck mit einem Callcenter-Mitarbeiter verbunden wird, der nicht nur Dinge wie Reifendruck oder Ölstand per Ferndiagnose auslesen kann, sondern auf Wunsch auch das nächstgelegene Spezialitäten-Restaurant heraussucht und die Adresse gleich auf das Navi schickt. Dann muss man nur noch auf den Startbutton drücken, und der Elektroniklotse nimmt die Arbeit auf. Und ja, auch dieser Service ist für den Karl erhältlich inklusive der Möglichkeit, einen WIFI-Spot für sämtliche Mitfahrer bereitzustellen.

Richtig Hightech also im Karl. Freunde tollen Motorenbaus wird er freilich kaum finden. Unter der Haube zwar ein modernes Triebwerk - dabei handelt es sich um den Vollalu-Einliter mit drei Zylindern, der auch den Corsa in Schwung bringt. Aus Kostengründen haben die Ingenieure ihn hier jedoch als Saugrohr-Einspritzer ohne Aufladung ausgeführt. Mit dem 250 Euro teuren Eco-Paket, das neben aerodynamischen Optimierungen auch rollwiderstandsoptimierte Reifen beinhaltet, kommt der Cityflitzer selbst ohne komplexe Maschinentechnik auf 99 g CO2/km - das entspricht 4,3 Litern Benzin je 100 Kilometer. Da kann man nicht meckern. Meckern kann man sowieso nicht, denn für unter 10.000 Euro ist der Karl ein feines Angebot. Wer ihm allerdings sämtliche verfügbaren Features spendiert, muss gut und gerne 4.000 Euro mehr investieren. Viel Auto ist eben doch nicht mit wenig Geld zu haben.

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