Essen Motor Show 2014 - Komm mit ins Auto-Abenteuerland

Wer Autos mag, muss die Essen Motor Show lieben. Keine andere europäische Messe feiert den guten alten Verbrennungsmotor mit solch einer Inbrunst. Die Branche hat sich von ihrer schweren Krise längst erholt.

Hier wabern mehr Benzinschwaden durch die mit Gummiabrieb durchsetzte Luft als auf jeder anderen großen Automesse in Europa. Die Essen Motor Show ist das Abenteuerland unter den kontinentalen Branchenschauen: Bunter als die IAA und noch viel volkstümlicher als der Genfer Salon. Auch in diesem Jahr erwarten die Veranstalter weit mehr als 300.000 Besucher - und gute Geschäfte. Denn hier dürften deutlich mehr Euro-Scheine den Besitzer wechseln als in Frankfurt oder in der Schweiz.

Auf rund 1,6 Milliarden Euro beziffert Harald Schmidtke den deutschen Tuning-Markt. Die Branche hat sich in den Augen des Geschäftsführers des ,,Verbands der Automobil Tuner (VDAT)" damit von der Finanzkrise 2009/2010 erholt. Allerdings verbleibt nicht die komplette Summe bei seinen Mitgliedsunternehmen - denn die Autohersteller haben das Individualisierungs-Geschäft längst selbst für sich entdeckt. Selbst Kleinstwagen lassen sich mittlerweile mit vielfältigen Felgen, Farben und Karosserie-Kits zum Quasi-Einzelstück trimmen.

Wie interessant die Klientel für die Konzerne ist, lässt sich auch in Essen beobachten. Ford etwa feiert hier die offizielle Deutschlandpremiere seines Sportwagens Mustang, Skoda stellt erstmals öffentlich die Kombiversion des Kleinwagens Fabia vor und Peugeot hat zumindest ein besonders sportliches Sondermodell des Stadtautos 208 als Debütant im Programm. Auch BMW, Mini, Mercedes und andere große Marken zeigen Flagge, wenn sie sich auch teils durch örtliche Händler vertreten lassen.

Doch es gibt in diesem Jahr auch eine überraschende Leerstelle. Der Bottroper Tuner Brabus ist trotz örtlicher Nähe erstmals seit Ewigkeiten gar nicht erst angereist. Offenbar lohnt sich Essen für Edel-Tuner nicht mehr. Die wichtigsten Märkte liegen längst im Nahen Osten und China. Auch andere übliche Verdächtige der Hochpreis-Veredelung sind nicht vor Ort, etwa Carlsson, Alpina oder Mansory.

Das Publikum wird sich dadurch aber kaum stören lassen, ist es doch in der Regel in anderen Preisregionen unterwegs. Und die werden in der Ruhrgebietsmetropole umfassend bedient. Im Kellergeschoss und den kleineren Nebenhallen gibt es den gewohnten Gemischtwarenladen für Autofreaks, wo von extremen Felgen über halblegale Auspuffsysteme und bunt blinkende HiFi-Komponenten alles angeboten wird, womit man am Wochenende dem eigenen Untersatz den letzten Pfiff verpassen kann. Auch T-Shirts, Modellautos und Aufkleber aller Art - und selbst Messerblocks für die Mahlzeit nach dem Schrauben - werden hier angeboten, gern garniert mit leichtbekleideten Damen. An den Wochenenden geht es hier zu wie bei Aale-Dieter auf dem Fischmarkt.

Wer nicht selbst zuschlägt, kann sich in Essen zumindest die Trends der kommenden Saison anschauen. Hoch im Kurs sind vor allem hochwertige Schmiederäder und Leuchten mit LED-Technik. Ganz neu in der Szene sind die sogenannten Aufsprüh-Folien, mit denen sich Autos schnell in ein neues Kleidchen stecken lassen. Und die bei einem Geschmackswandel schnell wieder entfernt werden können. Noch keinen Hype gibt es hingegen beim Thema Carbon. Die Kosten für den Leichbau-Werkstoff sind nach Ansicht Schmidtkes immer noch zu hoch. Auch in der Serienfertigung wird er vor allem bei sehr hochpreisigen Sportwagen eingesetzt.

Keine große Rolle spielt auf der Essener Leistungsshow das Elektroauto. Wo eigentlich die Bottroper Brabus-Boliden stehen sollten, hat die Messe wohl eher aus der Not heraus schmucklos ein knappes Dutzend Batterie-Mobile platziert - ein fast schon trauriger Anblick. Selbst das vor einiger Zeit als Trend ausgerufene Öko-Tuning ist in den Messehallen an den Rand gedrängt. Ein Nischenthema, nicht mehr.

Trotzdem ist die Essen Motor Show längst nicht nur für Anhänger der Breiter-Schneller-Tiefer-Fraktion eine Reise wert. Die Organisatoren haben auch in diesem Jahr ein buntes Rahmenprogramm aufgefahren, das vom Oldtimer über amerikanische Hot-Rods, Concept-Cars und Rennfahrzeuge alles bietet, was am Auto Spaß macht. Zu den Höhepunkten zählen etwa der Dampfwagen Fardier de Cugnot, mit dem 1769 die Vorgeschichte des Automobils begann, der 2010er-Weltmeisterwagen von Sebastian Vettel oder der Supersportwagen-Exot Zenvo ST1 mit 810 kW/1.104 PS.

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